Asylwesen Herkunftsländer Asylsuchender in der Schweiz 2008

30. Juli 2009
Vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Dezember 2008 wurden in der Schweiz 10'537 neue Asylgesuche eingereicht. Mehr als zwei Drittel der Asylsuchenden, die in diesem Zeitraum in die Schweiz kamen, stammten aus diesen zehn Ländern: Eritrea, Somalia, Irak, Serbien, Sri Lanka, Nigeria, Türkei, Georgien, Afghanistan, Iran.

Die hier aufgeführten Informationen stammen grösstenteils aus dem Jahresbericht von Amnesty International. Mehr Informationen zu den jeweiligen Ländern finden Sie in der Länderübersicht oder auf der Website des Internationalen Sekretariats www.amnesty.org

Eritrea

Im Jahr 2008 kamen 17,2 Prozent aller Personen, die in der Schweiz Asyl suchten, aus Eritrea. Damit ist Eritrea zum zweiten Mal Herkunftsland Nummer eins in Bezug auf asylsuchenden Personen in der Schweiz.

Die internationale Grenzkommission beendete im Oktober 2008 ihr Mandat. Der UN-Sicherheitsrat hat die UN-Mission (UNMEE) aus Eritrea und Ethiopien aufgrund der Behinderung ihrer Operationen entlang der eritreisch-ethiopischen Grenze durch Eritrea zurückgezogen. Von Februar bis April 2008 hat Eritrea seine Truppen in das lang umstrittene Ras Doumeira Gebiet entlang der eritreisch-djiboutischen Grenze versetzt. Im Juni 2008 brach ein bewaffneter Konflikt zwischen den beiden Ländern aus.

Amnesty International hat Kenntnis von folgenden Menschenrechtsverletzungen in Eritrea:

  • Verfolgung aus religiösen Gründen
  • Inhaftierung von gewaltlosen politischen Gefangenen
  • Verhaftungen von Flüchtlingen nach einer Rückschaffung
  • Folterungen und anderen Misshandlungen in Gefängnissen
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Somalia

Im Jahr 2008 kamen 12,1 Prozent aller Personen, die in der Schweiz Asyl suchten, aus Somalia.

Die Krise der Menschenrechte und die damit zusammenhängende humanitäre Krise verschlechterten sich 2008 weiter. Unter der Zivilbevölkerung gab es Tausende weitere Todesopfer. Ende des Jahres waren geschätzte 3,25 Millionen Menschen von der Hungerhilfe abhängig. Somalia hatte 2008 keine effektive nationale Regierung oder ein funktionierendes Justizsystem.

Amnesty International hat Kenntnis von folgenden Menschenrechtsverletzungen in Somalia:

  • Menschenrechtsverletzungen im Rahmen bewaffneter Konflikte
  • Bedrohung und Tötung von Menschenrechtsverteidigern und Hilfswerksmitarbeitern
  • Einschränkung der freien Meinungsäusserung – Inhaftierung von Journalisten

 

Irak

Im Jahr 2008 kamen 8,7 Prozent aller Asylsuchenden aus dem Irak.

Im Jahr 2008 war ein deutlicher Rückgang der Gewalt zu verzeichnen. Es gab jedoch grobe Menschenrechtsverletzungen auf allen Seiten des fortwährenden Konflikts. Tausende von Zivilisten, darunter Kinder, wurden getötet oder verletzt, zumeist durch Selbstmord- oder andere Bombenattentate. Die Behörden machten extensiven Gebrauch der Todesstrafe. Die Region Kurdistan ist weniger betroffen von dem Konflikt, aber es gab auch dort Berichte über Missbräuche durch die Sicherheitskräfte und Gewalt gegen Frauen.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Attentate von bewaffneten Gruppierungen
  • Willkürliche Verhaftungen
  • Menschenrechtsverletzungen durch Irakische Streitkräfte und durch die Multinational Force
  • Gewalt gegen Frauen

 

Serbien (einschliesslich Kosovo)

Im Jahr 2008 stammten 7,8 Prozent aller in der Schweiz Asylsuchenden aus Serbien (einschl. Kosovo).

Im April 2008 unterzeichnete Serbien ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU. Serbien machte Fortschritte, was die Festnahme von Verdächtigen, die unter Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) standen, anbelangt und in der Verfolgung von Kriegsverbrechen vor serbischen Gerichten. Die UN-Mission im Kosovo (UNMIK) versäumte es, gegen die Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen durch die internationale Gemeinschaft und für Kriegsverbrechen im Kosovo vorzugehen. Im Oktober 2008 willigte die EU ein, dass US-Bürger, welche an der EULEX Mission beteiligt sind, der EU gegenüber bezüglich von ihnen begangener Menschenrechtsverletzungen nicht rechenschaftspflichtig sind.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Straflosigkeit im Bereich interethnischer Gewalt
  • Diskriminierung von Minderheiten
  • Menschenrechtsverletzungen im Rahmen der Proteste nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo
  • Diskriminierung von Roma in Serbien

 

Sri Lanka

Im Jahr 2008 kamen 7,6 Prozent der Asylsuchenden aus Sri Lanka.

Hunderttausende Zivilisten wurden als Folge der im Norden und Osten stattfindenden Kampfhandlungen vertrieben. Im Januar 2008 kündigte die Regierung formell das Waffenstillstandsabkommen von 2002 mit der LTTE. Der Zugang zum Konfliktgebiet war für Medien, die Vereinten Nationen und humanitäre Organisationen stark begrenzt. Sri Lanka wurde im Mai 2008 nicht in den Menschenrechtsrat wiedergewählt.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Menschenrechtsverletzungen im Zuge des bewaffneten Konfliktes in der nord-östlichen Region Wanni
  • Gewaltanwendung durch verbündete bewaffnete Gruppierungen der Regierung
  • Missbräuche und Anschläge der LTTE
  • Willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen

 

Nigeria

Im Jahr 2008 kamen 5,9 Prozent aller Personen, die in der Schweiz Asyl suchten, aus Nigeria.

Im Februar bestätigte ein Wahltribunal ein weiteres Mal die Wahl von Präsident Umaru Musa Yar’Adua von 2007. Eine Anfechtung gegen diese Entscheidung wurde eingereicht und im Dezember bestätigte der Oberste Gerichtshof Yar’Aduas Wahl. Bei den Wahlen kam es zu massivem Wahlbetrug. Im April 2008 versicherte Präsident Yar’Adua, dass seine Regierung das Problem der Straflosigkeit im Zusammenhang mit Korruption ansprechen wird. Ein Bericht der neuen Partnerschaft für afrikanische Entwicklung (NEPAD) stellte fest, dass Armut in Nigeria primär durch Korruption erklärt werden kann.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Kämpfe zwischen bewaffneten Gruppierungen und Sicherheitskräften im Nigerdelta
  • Ungesetzliche Tötungen und aussergerichtliche Exekutionen
  • Folterungen und Misshandlungen in geheimen Haftzentren
  • Inhaftierungen ohne Gerichtsverhandlung
  • Gewalt gegen Frauen
  • Kriminalisierung von Homosexuellen und Transsexuellen

 

Türkei

Im Jahr 2008 stammten 3,1 Prozent aller in der Schweiz Asylsuchenden aus der Türkei.

Vor dem Hintergrund politischer Instabilität und militärischer Auseinandersetzungen kam es 2008 zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen. Berichte über Folter und andere Misshandlungen nahmen zu. Das Recht auf friedliche Versammlung wurde missachtet, und die Ordnungskräfte lösten Demonstrationen unter Einsatz exzessiver Gewalt auf. Das Antiterrorgesetz wurde dazu benutzt, das Recht auf freie Meinungsäusserung einzuschränken, Es gab eine Zunahme bei der Abschiebung von Flüchtlingen. Gesetze zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen wurden nur zögerlich umgesetzt.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Einschränkung der freien Meinungsäusserung
  • Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern
  • Folter und andere Misshandlungen
  • Unfaire Gerichtsverfahren
  • Anschläge durch bewaffnete Gruppierungen

 

Georgien

Im Jahr 2008 kamen 2,9 Prozent der Asylsuchenden aus Georgien.

Am 5. Januar 2008 wurde Präsident Michail Saakashwili bei vorgezogenen Wahlen mit einem knappen Resultat wiedergewählt. Im August brachen in Süd-Ossetien Anfeindungen in grossem Massstab aus, welche zu einem mehrere Tage dauernden Krieg zwischen russischen und georgischen Streitkräften führte. Nahezu 200’000 Menschen wurden vertrieben. Am 26. Oktober 2008 anerkannte die Russische Föderation die Unabhängigkeit von Abchasien und Süd-Ossetien.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Bewaffneter Konflikt in den Gebieten Süd-Ossetien und Abchasien
  • Grosse Zahl intern Vertriebener
  • Unterdrückung von Regimekritik und der freien Meinungsäusserung

 

Afghanistan

Im Jahr 2008 stammten 2,4 Prozent der asylsuchenden Personen in der Schweiz aus Afghanistan.

In den Regionen im Süden und Osten Afghanistans, die von Taliban, anderen aufständischen Gruppen und vermeintlich mit der Regierung verbündeten örtlichen Milizen terrorisiert wurden, lebten Millionen von Menschen in permanenter Unsicherheit. Willkürliche Angriffe und Übergriffe auf die Zivilbevölkerung erschwerten noch zusätzlich den Zugang zu Nahrung, medizinischer Versorgung und Schulbildung. Die Taliban weiteten ihre Angriffe erheblich aus und operierten auch in Gebieten in der Mitte und im Norden des Landes, die früher als sicher galten.

Amnesty International sind folgende Menschenrechtsverletzungen bekannt:

  • Fehlende Rechtsstaatlichkeit und Straffreiheit
  • Willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen
  • Zivile Opfer bei Angriffen der afghanischen und internationalen Streitkräfte
  • Anschläge von bewaffneten Gruppierungen
  • Einschränkung der Meinungsäusserung
  • Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen

 

Iran

Im Jahr 2008 kamen 2,4 Prozent der Asylsuchenden aus Iran.

Internationale Spannungen wegen Irans Programm der nuklearen Anreicherung hielten an. Im März stimmte der UN - Sicherheitsrat für eine Ausweitung der politischen und wirtschaftlichen Sanktionen, welche in den vergangenen Jahren verhängt wurden. Die Regierung schlug Veränderungen des Strafgesetzes vor, welche die Menschenrechte weiter schwächen würden. Die internationale Gemeinschaft kritisiert weiterhin Menschenrechtsverletzungen. In einem Report vom Oktober 2008 drängte der UNO Generalsekretär Ban Ki-Moon die iranische Regierung, die iranischen Gesetze an die internationalen Standards anzugleichen und die Diskriminierung von Frauen und ethnischen und religiösen Minderheiten zu beenden. Im November rief die UNO Generalversammlung die iranische Regierung dazu auf, die Schikanierung, Einschüchterung und Verfolgung von politischen Opponenten und Menschenrechtsverteidigern zu beenden, das Recht auf einen fairen Prozess zu garantieren und die Straflosigkeit von Menschenrechtsverletzungen zu beenden.

Amnesty International hat Kenntnis über folgende Menschenrechtsverletzungen:

  • Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern
  • Diskriminierung von Frauen
  • Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
  • Diskriminierung und Unterdrückung von Minderheiten, insbesondere Kurden
  • Verhängung der Todesstrafe

 

Weitere Links

Weitere Informationen zur Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge bietet das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) www.unhcr.org

Länderinformationen spezifisch für AsylanwältInnen, FlüchtlingsberaterInnen und Behörden bietet das European Country of Origin Information Network unter www.ecoi.net