Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte © APGraphicsBank
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Vorsitz der Schweiz im Ministerkomitee des Europarates Die Schweiz muss ihr Engagement für die Menschenrechte verstärken

Die Schweiz übernimmt am Mittwoch, 18. November 2009, den Vorsitz des Ministerkomitees des Europarates (ER). Angesichts der besonderen Verantwortung, die der Schweiz mit dieser Funktion übertragen wird, erwartet Amnesty International von unserem Land, dass es sich noch bestimmter für die Menschenrechte einsetzt, nicht nur in Europa allgemein, sondern auch hierzulande. Amnesty International hat dem Bundesrat seine Empfehlungen insbesondere für die Reform des Europäischen Gerichtshofs in Strassburg und für eine rasche Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta sowie der Konvention gegen Menschenhandel in einem Brief mitgeteilt.
Den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhalten

Die Schweiz engagiert sich schon lange für eine Reform des Europäischen Gerichtshofs in Strassburg, damit sein langfristiges Bestehen und eine effizientere Arbeitsweise garantiert werden können. Sie muss in ihrer Funktion als Vorsitzende des Europarates dieses Engagement weiterführen und Mittel finden, um das Problem der chronischen Überlastung dieser Institution zu lösen. Ungefähr 115'000 Verfahren sind am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig. Viele von ihnen hätten verhindert werden können, wenn die Herkunftsländer der Verfahren ihre Rechtsordnung und deren Anwendung so revidieren würden, dass die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Rechte vollumfänglich eingehalten und geschützt werden. «Urteile im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen dürfen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden», erklärt Daniel Bolomey, Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International. «Die Opfer müssen innert nützlicher Frist Wiedergutmachung erfahren.» Laut dem EDA findet nächsten Februar eine Konferenz zu diesem Thema in Interlaken statt. Amnesty International begrüsst dies und hofft, dass diese Konferenz zu konkreten und wirkungsvollen Entscheidungen führen wird, damit der Gerichtshof von Strassburg, ohne dass zusätzliche Hindernisse den Zugang einschränken, funktionieren kann.

Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta

Die Schweiz gehört zu den sechs von 47 Mitgliedstaaten des Europarates, die die Europäische Sozialcharta nicht ratifiziert haben. Angesichts der Tatsache, dass die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta wie auch der Europäischen Menschenrechtskonvention als Beitrittsbedingung für die Staaten der ehemaligen Sowjetunion galt, betrachtet Amnesty International dies als besonders schwerwiegendes Versäumnis. Es ist höchste Zeit, dass sich die Schweiz der grossen Mehrheit der Mitgliedstaaten anschliesst und die revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert. Gemäss einer neuen Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften könnte die Schweiz eine Ratifizierung übrigens vornehmen, ohne dass dies grundlegende Änderungen in unserer Gesetzgebung bedingen würde.

Ratifizierung der Konvention gegen Menschenhandel

Die Schweiz hat im September 2008 die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel unterzeichnet. Über ein Jahr später hat die Schweiz diese jedoch immer noch nicht ratifiziert und das Parlament hat bisher keine entsprechenden Informationen erhalten. Amnesty International erwartet vom Bundesrat, dass er die Gelegenheit des Vorsitzes der Schweiz nutzt, um dieses Versäumnis nachzuholen.

Gewalt an Frauen

Schliesslich fordert Amnesty International die Schweiz mit Nachdruck dazu auf, die Unterstützung des bereits angelaufenen Verabschiedungsprozesses einer Konvention zur Beseitigung jeder Form von Gewalt an Frauen in ihre obersten Prioritäten aufzunehmen.

Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 16. November 2009
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