Annahme der Ausschaffungsinitiative Ein schwarzer Tag für die Menschenrechte in der Schweiz

Die Schweizer Sektion von Amnesty International ist bestürzt über das Abstimmungsresultat zur Ausschaffungsinitiative. Menschenrechtsverletzende Forderungen gehören nicht in unsere Verfassung. Die InitiantInnen haben einmal mehr aus der missbräuchlichen Verwendung des Initiativrechts verbunden mit fremdenfeindlichen Parolen politisches Kapital geschlagen. Die Initiative wird kaum anwendbar sein noch die öffentliche Sicherheit verbessern. Denn ein Bedarf nach einer neuen Verfassungsgrundlage bestand nicht. Die geltenden Gesetze erlauben bereits vollumfänglich die Ausschaffung von verurteilten StraftäterInnen. Amnesty International wird die Umsetzung der Initiative genau verfolgen und in allen Fällen aktiv werden, in denen eine Ausschaffung das Non-Refoulement-Verbot verletzt.

Die Annahme der Ausschaffungsinitiative ist ein schwarzer Tag für die Menschenrechte in der Schweiz. Die Initiative untergräbt nicht nur internationale Vereinbarungen wie die europäische Menschenrechts-Konvention, den Uno-Pakt II, die Kinderrechts-Konvention oder das Freizügigkeitsabkommen mit der EU. Sie verletzt auch das in unserer Verfassung festgeschriebene Prinzip der Verhältnismässigkeit und das Verbot jeglicher Form von Diskriminierung. Amnesty International befürchtet deshalb, dass in Zukunft Menschen aus der Schweiz in ein Land zurück geschickt werden könnten, in dem ihnen Folter oder Todesstrafe drohen. Die Menschenrechtsorganisation bedauert deshalb sehr, dass das Parlament nicht den Mut fand, die Initiative für ungültig zu erklären.

«Es ist nicht gelungen, die Menschenrechte ins Zentrum der Diskussion zu stellen. Das Abstimmungsresultat legt den Schluss nahe, dass sich offenbar ein grosser Teil der Bevölkerung, um die öffentliche Sicherheit sorgt. Doch nur die strikte Einhaltung der Verfassung und die Wahrung der Menschenrechte kann letztlich Sicherheit schaffen», erklärt Daniel Bolomey, Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International. «Die Initianten haben einmal mehr die Bevölkerung getäuscht und aus fremdenfeindlichen Parolen politisches Kapital geschlagen. Der Verfassungsartikel widerspricht nicht nur der Schweizer Verfassung und internationalen Vereinbarungen, sondern ist schlicht unnütz.»

Amnesty International geht davon aus, dass der Verfassungsartikel in vielen Fällen nicht zur Anwendung kommt, weil in der Praxis eine Ausschaffung dem Non-Refoulement-Prinzip widerspricht, das völkerrechtlich verbindlich ist. «Der neue Verfassungsartikel wird ein toter Paragraph in allen Fällen bleiben, in denen die Nationalität der Betroffenen nicht feststeht oder sich das Heimatland einer Rückführung mit Verweis auf fehlende bilaterale Verträge widersetzt», erkärt Daniel Bolomey.

Amnesty International befürchtet, dass das Abstimmungsresultat das Ansehen der Schweiz als Verfechterin der Menschenrechte weltweit nachhaltig schädigt, und das zu einem Zeitpunkt, wo die Schweiz die Präsidentschaft der Uno-Generalversammlung inne hat. Folgenschwerer ist jedoch das gefährliche Signal, welches die Schweiz an die Nachbarstaaten aussendet. Auch dort könnte die Diskriminierungspolitik auf fruchtbaren Boden fallen.

Amnesty International wird die Umsetzung des neuen Verfassungsartikels genau beobachten und in allen Fällen aktiv werden, in denen das Non-Refoulement-Prinzip verletzt wird.

Medienmitteilung veröffentlicht: 28. November 2010
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