Menschenrechtswidrig, fremdenfeindlich und unnütz Amnesty sagt Nein zur Ausschaffungs-Initiative und zum Gegenvorschlag

Amnesty International sagt Nein zur Ausschaffungs-Initiative und lehnt auch den überflüssigen Gegenvorschlag ab. Einmal mehr wird dem Schweizervolk eine Initiative zur Abstimmung unterbreitet, die bewusst geltende Menschenrechtsstandards verletzt. Die Abstimmung erlaubt den InitiantInnen, aus einer missbräuchlichen Verwendung des Initiativrechts und mit fremdenfeindlichen Parolen politisches Kapital zu schlagen. Für die Menschenrechtsorganisation gibt es keinen Bedarf nach einer neuen Verfassungsgrundlage, da die aktuellen Gesetze bereits heute die Ausschaffung von verurteilten StraftäterInnen erlauben.

Die Initiative verlangt die automatische Ausschaffung von AusländerInnen, die für verschiedene Verbrechen und Vergehen verurteilt wurden, unabhängig von ihrem Aufenthalts-Status in der Schweiz und der Schwere der Tat. Der verlangte Automatismus führt zu einer Verletzung des völkerrechtlich verbindlichen Verbots des Non-Refoulement-Prinzips. Mit der Annahme der Initiative könnten Menschen in Zukunft in ein Land zurück geschickt werden, in dem ihnen Folter oder Todesstrafe drohen.

Die Initiative verletzt nicht nur internationale Vereinbarungen, wie die europäische Menschenrechts-Konvention, den UNO-Pakt II, die Kinderrechts-Konvention oder das Freizügigkeitsabkommen mit der EU. Der Automatismus untergräbt auch das festgeschriebene Prinzip der Verhältnismässigkeit in der Schweizer Verfassung und das Verbot jeglicher Form von Diskriminierung.

Unnützer Gegenvorschlag

Auch der Gegenvorschlag führt zu einer Verschärfung der Politik gegenüber AusländerInnen. Nach Ansicht von Amnesty International ist dies überflüssig, da die heutigen gesetzlichen Regelungen im Ausländergesetz und Strafrecht ausreichen. Es besteht die Gefahr einer unsachlichen Differenzierung, wenn die Ausschaffung allein von der Höhe der Strafe abhängig gemacht wird, was zu einer diskriminierenden Doppelbestrafung führen kann. Entscheidend müssten vielmehr die Wiederholungsgefahr und die persönlichen und familiären Verhältnisse der betroffenen Menschen sein.

Da dies nicht automatisch garantiert ist, können auch mit dem Gegenvorschlag menschenrechtlich bedenkliche Situationen entstehen, wie zum Beispiel das Auseinanderreissen von Familien oder die Rückschaffung von Leuten der zweiten oder dritten Generation in ein Land, das sie noch nie gesehen haben und wo sie absolut keine Kontakte mehr haben.

Amnesty International ist überzeugt, dass menschenrechtsverletzende Forderungen nicht in unsere Verfassung gehören. Die Organisation sagt deshalb klar Nein zur Initiative und lehnt auch den überflüssigen Gegenvorschlag ab. Falls sowohl die Initiative als auch der Gegenvorschlag in der Volksabstimmung angenommen werden, kommt der Stichfrage entscheidende Bedeutung zu. Amnesty International empfiehlt, trotz der erwähnten Bedenken, bei der Stichfrage den Gegenvorschlag, als das kleinere Übel anzukreuzen und so die Initiative zu verhindern.

Medienmitteilung veröffentlicht: 2. November 2010
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