Die Teilnehmenden der Generalversammlung 2010 in Freiburg © Fabrice Praz
Die Teilnehmenden der Generalversammlung 2010 in Freiburg © Fabrice Praz

Generalversammlung der Schweizer Sektion von Amnesty International Keine Ausschaffungen ohne unabhängige Beobachter

Die Mitglieder der Schweizer Sektion von Amnesty International zeigten sich an der Generalversammlung in Freiburg betroffen über den tragischen Todesfall bei einer Zwangsausschaffung in Zürich und gleichzeitig empört über die diskriminierenden Äusserungen von Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamtes für Migration (BFM), in den Medien. Sie forderten das BFM auf, die Spezialflüge bis zum Abschluss der Untersuchungen auszusetzen und künftig unabhängige BeobachterInnen zuzulassen. Die 200 anwesenden Mitglieder unterzeichneten zudem eine Solidaritätskarte für Max Göldi und forderten die libyschen Behörden auf, ihn umgehend frei zu lassen.

«Es ist nicht akzeptabel, dass ein Direktor eines Bundesamtes, der zudem für Integrationsfragen zuständig ist, pauschal die nigerianische Gemeinschaft in der Schweiz diskreditiert», unterstrich Daniel Bolomey, Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International an der Generalversammlung in Freiburg. «Wir haben diese Woche an Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamtes für Migration, geschrieben und ihm unsere Entrüstung über seine gefährlichen Verallgemeinerungen mitgeteilt.»

In dem Brief an den BFM-Direktor erinnerte Amnesty International an die schweren Menschenrechtsverletzungen in Nigeria: Medienschaffende und MenschenrechtsaktivstInnen werden brutal zusammengeschlagen und ins Gefängnis geworfen, Hunderte von BewohnerInnen christlicher Dörfer starben bei Massakern und über zwei Millionen Menschen sind in den letzten zehn Jahre vertrieben worden. Die desolate Menschenrechtslage ist ein Grund dafür, dass viel Menschen Nigeria verlassen.

Die 200 Mitglieder forderten in einer Resolution das BFM auf, umgehend Massnahmen zu ergreifen, um weitere Todesfälle bei Zwangsausschaffungen zu verhindern, beispielsweise durch die Präsenz von unabhängigen BeobacherInnen und die Ausarbeitung von neuen Weisungen mit medizinischen ExpertInnen. Amnesty International fordert zudem, dass die Spezialflüge für Zwangsausschaffungen ausgesetzt werden, bis der Schlussbericht zum Tod des Nigerianers Joseph Ndukaku Chiakwa am 18. März 2010 veröffentlicht wird.

Das zentrale Thema der diesjährigen Generalversammlung blieb die Diskriminierung. Die Mitglieder der Schweizer Sektion diskutierten über die verschiedenen Formen der Diskriminierung in der Schweiz und in Europa sowie über Strategien, um diese zu bekämpfen.

Solidaritätskarte für Max Göldi

Die anwesenden Mitglieder unterzeichneten eine Solidaritätskarte für Max Göldi, die ihm nach Libyen geschickt wird. Die Generalversammlung appellierte an die libyschen Behörden, Max Göldi sofort frei zu lassen und ihm die Rückkehr in die Schweiz zu erlauben. Für Amnesty International ist Max Göldi ein Gewissensgefangener.

Medizinische Versorgung für Hu Jia

Die Mitglieder forderten in einer weiteren Resolution an die chinesische Regierung, dass der Menschenrechtsverteidiger Hu Jia unverzüglich Zugang zu medizinischer Versorgung erhält. Er ist seit 2008 in Haft. Amnesty International befürchtet, dass ohne die notwendige Behandlung sein Leben in Gefahr ist.

Radio-Ballett

Ein Radio-Ballett mit mehr als Hundert Teilnehmenden fand am Samstag, 24. April 2010, in den Strassen von Freiburg statt. In Zusammenarbeit mit Radio Freiburg wurde symbolisch auf die rassistische Diskriminierung im Alltag hingewiesen.

«Im Moment ist viel von Diskriminierung die Rede. Wir müssen aber aufpassen, dass das Wort nicht einfach ein Synonym für ungleiche Behandlung wird», sagte Georg Kreis, Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, der eine Rede zu Beginn der Generalversammlung am Samstag hielt.

«Ich habe keine Sympathie für diejenigen Stimmen, welche islamisches Gesetz tolerieren wollen, umfamiliäre Angelegenheiten der Musliminnen und Muslime in Europa zu regeln. Eine Anwendung von islamischem Recht ist nicht möglich, ohne Frauen und Kinder zu diskriminieren», erklärte Elham Manea, Politologin an der Universität Zürich, in ihrem Referat.

«Der Kampf gegen die Diskriminierung steckt im Herzen der Menschenrechte. Die Diskriminierung führt zum Ausschluss gesellschaftlicher Gruppen und kann letztlich Morde zur Folge haben. Als Menschenrechtsorganisation müssen wir gegen alle schweren Diskriminierungen konsequent vorgehen, indem wir uns für Gesetze einsetzen und gegen die gesellschaftliche Vorurteile im Alltag engagieren», unterstrich David Diaz-Jogeix, Vizedirektor des Program Europa und Asien des Generalsekretariats von Amnesty International.

Medienmitteilung veröffentlicht: 25. April 2010
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