Flughafengefängnis Zürich © Aus dem Film «Ausgeschafft!», Kairos Film / aproposfilm
Flughafengefängnis Zürich © Aus dem Film «Ausgeschafft!», Kairos Film / aproposfilm

Bestürzung über Todesfall bei Zwangsausschaffung Amnesty International fordert unabhängige Untersuchung

Amnesty International ist bestürzt über den Tod eines Nigerianers, der bei einer Zwangsausschaffung auf dem Flughafen Zürich verstorben ist. Die Menschenrechtsorganisation fordert den Zürcher Regierungsrat auf, umgehend eine unabhängige und unparteiliche Untersuchungsinstanz einzusetzen. Zudem dürfen keine Zwangsausschaffungen mehr durchgeführt werden, solange diese nicht von unabhängigen Beobachtungspersonen begleitet werden.

Amnesty International ist bekannt, dass bei Zwangsausschaffungen der Stufe vier sehr oft Zwangsmassnahmen eingesetzt werden, die Menschenleben gefährden können. Mit dem heute bekannt gewordenen Todesfall sind es seit 1999 drei Personen, die während einer Ausschaffung im Zusammenhang mit Zwangsmassnahmen gestorben sind. Im Jahre 1999 kam der Palästinenser Khaled Abuzarifa ebenfalls auf dem Flughafen Zürich bei der Abschiebung ums Leben. Die Zwangsmassnahmen verunmöglichten ihm das Atmen und er erstickte. 2001 starb der Nigerianer Samson Chukwu im Wallis in der Folge von Gewalteinwirkung durch die Polizei. Der Untersuchungsbericht sprach von einem lagebedingten Erstickungstod.

Amnesty International hat zurzeit zu wenige Informationen, um sich zu dem tragischen Todesfall von gestern Abend detaillierter zu äussern. Laut Pressemiteilung der Polizei wurde der Mann gefesselt, weil er sich der Ausschaffung widersetzt hat. «Aus anderen Fällen ist bekannt, dass das Zusammenwirken gewisser Zwangsmassnahmen und anderer Faktoren wie gesundheitliche Probleme zum Tod führen kann», erklärte Denise Graf, Polizeiexpertin von Amnesty International.

Amnesty International fordert den Zürcher Regierungsrat auf, umgehend eine unabhängige, unparteiliche Untersuchungsinstanz einzusetzen. Dabei muss geprüft werden, ob unverhältnismässige Gewalt zum Tode des Ausschaffungshäftlings geführt hat.

Die Menschenrechtsorganisation begrüsst den Entscheid des Bundesamtes für Migration, vorderhand keine Sonderflüge mehr durchzuführen und fordert, dass Zwangsausschaffungen in Zukunft von unabhängigen Beobachtungspersonen begleitet werden.

Unverhältnismässige Gewaltanwendung durch die Polizei:
Der Fall Samson Chukwu 2001

Bei Identitätskontrollen oder Verhaftungen durch PolizistInnen kommt es immer wieder zur Anwendung von unverhältnismässiger Gewalt wie im Fall von Samson Chukwu. Der 27-Jährige starb am 1. Mai 2001 in seiner Zelle an Positionsasphyxie. Zu diesem Schluss kam die gerichtsmedizinische Untersuchung dieses Todesfalls im Walliser Ausschaffungszentrum von Granges.

Samson Chukwu war um zwei Uhr morgens brüsk von zwei Kantonspolizisten aus dem Schlaf gerissen worden, die ihn zur zwangsweisen Ausschaffung zum Flughafen Zürich-Kloten hätten eskortieren sollen. Da er sich heftig widersetzte, wendeten die Beamten mit Hilfe eines herbeigerufenen Aufsehers Gewalt an, um ihn in Handschellen zu legen.

Minutenlang habe sich Chukwu gewehrt, heisst es im Bericht, dann sei er von den Polizisten überwältigt worden. Ein Polizist setzte sich auf seinen Oberkörper und fesselte seine Hände auf den Rücken. Chukwu blieb daraufhin leblos liegen. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Der herbeigerufene Arzt konnte um drei Uhr nur noch den Tod feststellen.

Medienmitteilung veröffentlicht: 18. März 2010
Medienkontakt