Entscheid über Zuständigkeit Minarett-Verbot: EGMR tritt nicht auf Klage ein

8. Juli 2011
Amnesty International nimmt Kenntnis vom Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), nicht auf die Klage von muslimischen Organisationen aus der Schweiz gegen das Minarett-Bauverbot einzutreten. Die entsprechende Volksinitiative wurde 2009 angenommen. Die Menschenrechtsorganisation nimmt zur Kenntnis, dass sich der Gerichthof nicht inhaltlich dazu äussert, ob der Initiativetext mit internationalen Konventionen vereinbar sei. Die Frage nach der Verhältnismässigkeit und dem Diskriminierungsverbot bleibt offen.

Amnesty International hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass ein vollständiges Verbot für den Bau von Minaretten diskriminierend ist und die Religionsfreiheit der in der Schweiz lebenden Musliminnen und Muslime verletzt. Die Initiative ist unvereinbar mit verschiedenen Konventionen, welche die Schweiz unterzeichnet hat, darunter die Europäische Menschenrechtskonvention.

Mit der Annahme der Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» am 29. November 2009 hat die Schweizer Bevölkerung einem neuen Verfassungsartikel zugestimmt, der nicht nur internationale Menschenrechtskonventionen verletzt, sondern auch ein unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte darstellt. Er steht im Widerspruch zum Prinzip der Rechtsgleichheit, der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie des Diskriminierungsverbots.

Aus diesem Grund hatte Amnesty International das Parlament vor der Abstimmung aufgefordert, die Initiative für ungültig zu erklären. Die Menschenrechtsorganisation ist überzeugt, dass der Schweizer Bevölkerung keine Initiativen zur Abstimmung vorgelegt werden sollten, welche im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Prinzipien und internationalen Konventionen stehen.