Schweiz Politisch motivierter Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Amnesty International Schweiz zeigt sich besorgt, dass mit der Initiative «Schweizer Recht vor fremdem, internationalem Recht» die Grundlagen unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates in Frage gestellt werden. Rechtsverbindliche internationale Verträge können nicht einseitig aufgekündigt werden. Die Menschenrechte, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert werden, sind auch Bestandteil unserer Verfassung.

Rechtssicherheit, Verbindlichkeit und Rechtsgleichheit sind die Grundlagen eines Rechtsstaates. Wenn sich die internationalen Partner der Schweiz nicht mehr darauf verlassen können, dass wir in Treu und Glauben abgeschlossene Verträge einhalten und respektieren, verliert unser Land seine Glaubwürdigkeit.

Die Initiative eröffnet die Möglichkeit, dass durch Mehrheitsbeschlüsse Grund- und Menschenrechte beschnitten werden können. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) hat verbindliche, einheitliche Regeln für alle europäischen Länder aufgestellt und mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg eine Institution geschaffen, bei der diese Grundrechte von allen Menschen eingeklagt werden können.

Die Initianten argumentieren, dass Richtlinien oder Empfehlungen von «irgendwelchen Organisationen» sowie internationalen Gerichten die Autonomie der Schweiz gefährdeten.

Dazu sagt Bruno Riesen, Kampagnenleiter bei Amnesty International: «Was auf Anhieb relativ harmlos und logisch tönt, ist ein weiterer politisch motivierter Angriff auf die Grundlagen unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Die Initianten gehen davon aus, dass die Mehrheit immer Recht hat und alles bestimmen kann. Sie vergessen, dass unser demokratisches System nur so gut funktioniert, weil es explizit auch die Rechte von Minderheiten schützt und ihnen eine Mitsprache garantiert.»

Grundrechte und der Schutz von Minderheiten sind auch im Schweizer Landesrecht verankert. Sollte Landesrecht tatsächlich vor Völkerrecht gestellt werden, würde aber der Schutz unserer Grundrechte massiv eingeschränkt. Betroffene könnten sich nicht wie bisher auf die EMRK oder andere völkerrechtliche Verträge, wie zum Beispiel die Kinderrechtskonvention oder die Konvention zum Schutz von Behinderten berufen. Mit Mehrheitsbeschlüssen könnten die aktuell geltenden Schutzregeln jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Das könnte genauso für die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit wie für das allgemeine Wahlrecht gelten. Welche Folgen die Missachtung internationalen Rechts haben kann, erleben wir heute eindrücklich in Russland oder Ungarn, wo die Grundrechte massiv verletzt werden.

Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 12. August 2013
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