Schweizer Kriegsmaterialexporte Lockerung wäre ein Skandal

Nicht das Überleben der Rüstungsindustrie ist bedroht, sondern die Menschenrechte von Tausenden von Männern, Frauen und Kindern – mahnt Amnesty International in einem offenen Brief an die Schweizer Nationalrätinnen und Nationalräte.

In der Wintersession stimmt der Nationalrat über die Lockerung der Kriegsmaterialverordnung ab (Motion 13.3662, «Benachteiligung der Sicherheitsindustrie»). Begründet wird diese Richtungsänderung mit der Gefahr, dass die Schweizer Rüstungsindustrie im internationalen Wettbewerb benachteiligt würde, ja dass deren «Überleben» gefährdet sei.

Vor Kurzem sind neue Zahlen zum wirklichen Umfang der Schweizer Rüstungsgeschäfte bekannt geworden: Demnach hat die Schweiz in 2012 Rüstungsgüter im Wert von 3,1 Milliarden Schweizer Franken exportiert, dreimal so viel wie im Jahr 2010. Bereits heute werden offenbar militärische Güter in weit grösserem Umfang als bisher angenommen auch in menschenrechtsverletzende Länder exportiert. Einzig das wirtschaftlich viermal geringere Geschäft mit Kriegsmaterial im engeren Sinne ist noch den strengen Exportregeln der Kriegsmaterialverordnung unterstellt.

Dazu Alain Bovard, Lobbyist und Rüstungsexperte bei Amnesty International Schweiz:

«Von einem gefährdeten «Überleben» der Rüstungsindustrie kann keine Rede sein. Es ist eher so, dass die Schweiz einmal mehr ökonomische Interessen höher gewichten will als den Schutz der Menschenrechte - zum Zeitpunkt eines spürbaren Trends zu strengeren Waffenexportkontrollen ein äusserst schlechtes Signal an die internationale Gemeinschaft.»

«Die geplante Lockerung der Kriegsmaterialverordnung würde Exporte der Schweizer Rüstungsindustrie in Länder erlauben, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. Zum Beispiel nach Saudi-Arabien oder nach Pakistan, wo die Waffen in die Hände von terroristischen Organisationen gelangen könnten. Das wäre eine nicht nachvollziehbare Abkehr von der bisherigen Politik der Schweizer Regierung, die Menschenrechtslage in den jeweiligen Bestimmungsländern generell zu berücksichtigen.»

Die Annahme der vorliegenden Motion über die Lockerung der Kriegsmaterialverordnung stünde  zudem im krassen Widerspruch zur aktiven Rolle, welche die Schweiz bei Verhandlungen für das internationale Abkommen über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty - ATT) im Juli 2012 gespielt hat. Sie hat sich dabei für eine weltweit strengere Kontrolle von Rüstungsexporten eingesetzt.

Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 25. November 2013, aktualisiert am 2. Dezember 2013
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