SVP-Volksinitiative «Schweizer Recht vor fremdem Recht»: Unverantwortlich!

Mit der Lancierung der Initiative «Schweizer Recht vor fremdem Recht» greift die SVP den Rechtsstaat frontal an. Sie tut das unter dem Vorwand, die Demokratie schützen zu wollen. Aus Sicht von Amnesty International ist die Initiative unverantwortlich.

Das Initiativprojekt «Schweizer Recht vor fremdem Recht» bedroht unsere grundlegenden Menschenrechte: Bei Annahme einer solchen Initiative könnten Grundrechte künftig durch Mehrheitsbeschlüsse eingeschränkt werden. Damit würden Tür und Tor geöffnet für eine Diskriminierung von Minderheiten, deren Rechte bisher vom internationalen Recht und insbesondere von der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK geschützt wurden.

«Die Initiative mag auf den ersten Blick harmlos und logisch erscheinen», kommentiert Alain Bovard, Jurist der Schweizer Sektion von Amnesty International. «Sie ist aber ein weiterer politischer Angriff auf die Grundfesten unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats und deshalb unverantwortlich. Die Initianten gehen davon aus, dass die Mehrheit immer Recht hat und alles bestimmen kann. Sie vergessen, dass unser demokratisches System nur so gut funktioniert, weil es explizit auch die Rechte von Minderheiten schützt und ihnen eine Mitsprache garantiert.»

Gefährdung der Rechtssicherheit

Zwar sind die Grundrechte und der Schutz von Minderheiten auch im Schweizer Landesrecht verankert. Durch einen Mehrheitsbeschluss können aber die hier geltenden Schutzregeln jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Damit wird beispielsweise eine Einschränkung der Meinungsäusserungs- oder der Versammlungsfreiheit für bestimmte soziale Gruppen plötzlich vorstellbar, ihr Zugang zu Sozialhilfe oder Arbeitslosenunterstützung könnte eingeschränkt werden. Für Betroffene wäre es nicht mehr möglich, sich wie bisher auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und andere völkerrechtliche Verträge zu berufen – zum Beispiel auf die Kinderrechtskonvention oder auf die Konvention zum Schutz von Behinderten.

Glaubwürdigkeit auf dem Spiel

Die Schweiz könnte sich somit durch populistische Abstimmungen in einen Staat verwandeln, der die Rechte und Freiheiten all derer missachtet, die keine Macht haben – ähnlich, wie wir das derzeit in Ungarn oder in Russland beobachten können.

«Diese Initiative stellt das Landesrecht höher als die zahlreichen Konventionen, Verträge und Abkommen, für welche sich die Schweiz seit einem Jahrhundert eingesetzt hat. Das ist einfach unvorstellbar», so Alain Bovard. «Die Schweiz dürfte internationale Verpflichtungen nur noch unter dem Vorbehalt eingehen, dass sie jederzeit wieder davon zurücktritt. Sie wäre in Verhandlungen – was auch immer deren Gegenstand ist - für andere Staaten keine glaubwürdige Partnerin mehr.

Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 25.10.2014
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