«Die Schweiz braucht ein nationales Menschenrechtsinstitut, wenn sie eine international und innenpolitisch glaubwürdige Menschenrechtspolitik betreiben will. Was in zwölf europäischen Staaten, darunter Dänemark, Deutschland und Norwegen bereits existiert, und in Finnland, Holland und Portugal bald Realität wird, sollte auch bei uns möglich sein», betonte Walter Kälin, Mitglied des Uno-Menschenrechtsausschusses an der Gründungsversammlung des «Fördervereins Menschenrechtsinstitution Schweiz».
Ziel des Vereins ist es, die schweizerische Menschenrechtspolitik mit einer unabhängigen, nationalen Menschenrechtsinstitution zu stärken, die den «Pariser Prinzipien» gemäss einer Uno-Resolution vom Dezember 1993 entspricht.
«Menschenrechte brauchen tägliche Aufmerksamkeit»
«Menschenrechte können nirgends mit einem politischen Entscheid für alle Zeit garantiert werden, sondern brauchen gerade in zunehmend multikulturellen Gesellschaften die alltägliche Aufmerksamkeit und Begleitung», betonte Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi an der Gründungsversammlung. Nationalrätin Martine Brunschwig Graf, die gemeinsam mit Müller-Hemmi das Co-Präsidium des Fördervereins übernimmt, ergänzte: «Wir haben es in der Schweiz und anderswo erlebt, dass Menschen oft zum Besten fähig sind, aber manchmal leider auch zum Schlimmsten. Statt die Augen davor zu schliessen, ist es die Aufgabe eines zivilisierten Staates, dafür zu sorgen, dass die Entwicklung im eigenen Land mit Respekt für die Persönlichkeitsrechte passiert.»
Mehr Tempo gefordert
Der heute gewählte Vorstand wird an seiner ersten Sitzung einen Beirat wählen, der ihn bei der Erreichung der Vereinsziele unterstützen wird. Für die Mitarbeit in diesem Beirat konnten zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gewonnen werden).
Die Schweiz habe zwar an der Menschenrechts-Weltkonferenz 1993 in Wien die Erklärung für eine nationale Menschenrechtsinstitution mit unterzeichnet, aber bis heute keine konkreten Schritte zur Schaffung einer nationalen Instanz eingeleitet, wurde an der Gründungsversammlung kritisiert. Ein vom Ständerat in Auftrag gegebener Bericht des Bundesrats zur Menschenrechtsinstitution lasse nach wie vor auf sich warten. «Wir erwarten als erstes, dass die Arbeitsgemeinschaft Bund – Kantone zur Menschenrechtsinstitution jetzt rasch eingesetzt werden kann», forderte Müller-Hemmi. Der Förderverein sei bereit, «die Festlegung des Profils und des Auftrags des Menschenrechtsinstituts und die Ausarbeitung des Gesetzes» mit seinem Expertenwissen zu unterstützen.
Druck auf Behörden ausüben
Der Förderverein will mit einem fertig ausgearbeiteten Modell Druck auf die Behörden aufsetzen, damit die nationale Menschenrechtsinstitution möglichst rasch gebildet wird. «Die Schweiz kann nicht andere im Bereich Menschenrechte kritisieren und bei sich selbst die Empfehlungen der Vereinten Nationen nicht umsetzen», betonte Daniel Bolomey, der Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International, der ebenfalls in den Vorstand des Fördervereins gewählt wurde.
Das Modell sieht vor, dass die Menschenrechtsinstitution in einem Bundesgesetz verankert wird und politisch unabhängig arbeiten kann. Sie soll sowohl aus eigener Initiative als auch aufgrund von Aufträgen Dritter tätig werden und Gutachten verfassen, Untersuchungen durchführen und Beratungen anbieten. Für das Betriebsbudget der Institution sollen Bund und Kantone gemeinsam aufkommen.
Menschenrechtsverletzungen auch in der Schweiz
Menschenrechtsverletzungen geschehen auch in der Schweiz und betreffen häufig die schwächsten Gruppen in unserer Gesellschaft. Ausserdem wird das Wissen der Bevölkerung über ihre Rechte oftmals überschätzt. Sowohl bei der Bevölkerung wie auch bei denjenigen, die für die Umsetzung der Gesetze zuständig sind, ist Informations- und Bildungsarbeit unbedingt notwendig. Eine nationale Menschenrechtsinstitution kann einen wichtigen Beitrag zur systematischen und unabhängigen Überwachung der Menschenrechtssituation in der Schweiz leisten, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung der von der Schweiz ratifizierten internationalen Abkommen.
Medienmitteilung des Fördervereins Menschenrechtsinstitution Schweiz vom 6. Juni 2006