«Das UPR-Verfahren ist die ideale Gelegenheit für einen Staat, Bilanz darüber zu ziehen, wie die Menschenrechte im Land geschützt werden. Die Schweiz hat sich zum dritten Mal dieser Überprüfung unterzogen und eine beeindruckende Anzahl von Empfehlungen erhalten. Dies zeigt, wie gross das Interesse der internationalen Gemeinschaft an unserem Land als Verfechterin der Menschenrechte ist», sagte Alain Bovard, Advocacy-Verantwortlicher der Schweizer Sektion von Amnesty International.
«Kritiker monieren, dass auch Unrechtsstaaten der Schweiz Empfehlungen machen können. Das UPR-Verfahren setzt aber für alle Staaten den gleichen Massstab an. Selbst die besten Schüler können ihre Leistungen noch verbessern», sagte Alain Bovard.
Ja zur nationalen Menschenrechtsinstitution
Amnesty International begrüsst, dass die Schweiz alle Empfehlungen zur Einrichtung einer nationalen Menschenrechtsinstitution gemäss den Pariser Prinzipien sowie einen Mechanismus zur Koordinierung der Umsetzung der Empfehlungen des UPR und anderer Uno-Organe akzeptiert hat. Die Menschenrechtsorganisation erwartet nun, dass Bundesrat und Parlament diese Verpflichtungen zügig umsetzen.
Amnesty International ist auch positiv überrascht, dass der Bundesrat mit Unterstützung der Kantone zugestimmt hat, einen unabhängigen Beschwerdemechanismus für Fälle polizeilicher Gewalt einzurichten. Dies ist eine langjährige Forderung von Amnesty. Die Annahme dieser Empfehlung ist ein deutlicher Schritt nach vorne.
Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit Völkerrecht
«Wenig überraschend ist die zögerlichen Haltung des Bundesrates, was die heikle Frage der Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht angelangt», sagte Alain Bovard. «Mitten in der Debatte um die so genannte Selbstbestimmungsinitiative wollte die Regierung nicht riskieren, sich gegen einen Teil des Parlaments und des Volkes zu stellen.»
Die Schweiz wurde von vielen Staaten auch für den mangelnden Diskriminierungsschutz kritisiert. Dies zeigt, dass die langjährige Forderung von Amnesty International, in der Schweiz ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen, gerechtfertigt ist. Auch das zu wenig konzentrierte Vorgehen gegen Menschenhandel und Gewalt gegen Frauen wurde von Mitgliedern des Menschenrechtsrates kritisiert.
Kampf gegen Folter
«Amnesty International versteht auch nicht, warum die Schweiz nach wie vor kein Folterverbot im Strafrecht verankert hat», sagte Alain Bovard. «Es ist an der Zeit, dass unser Land die von ihm eingegangenen Verpflichtungen einhält, einschliesslich der Ratifizierung des Übereinkommens gegen Folter». Amnesty International ist zudem überrascht, dass nicht mehr Empfehlungen zum Asylrecht an die Adresse der Schweiz gerichtet wurden. Gerade die Umsetzung der Dublin-Verordnung, die zu einer hohen Zahl an Rückweisungen von Asylsuchenden in andere europäischen Staaten führt, ist nach internationalem Recht oft problematisch.
Amnesty International wird nun die Umsetzung der von der Schweiz akzeptierten Empfehlungen beobachten und sich mit den zuständigen Behörden in Verbindung setzen, um diese notfalls an ihre Verpflichtungen zu erinnern.