Kaschmir ist vollständig von der Aussenwelt abgeschnitten - die Menschenrechtslage ist alarmierend © SHOME Basu
Kaschmir ist vollständig von der Aussenwelt abgeschnitten - die Menschenrechtslage ist alarmierend © SHOME Basu

Schweiz / Indien Staatsbesuch des indischen Präsidenten: Die Krise in Jammu und Kaschmir muss zuoberst auf die Agenda

Medienmitteilung 10. September 2019, London/Bern – Medienkontakt
Amnesty International verurteilt die sich verschlechternde Menschenrechtssituation in Indien, insbesondere die Jagd auf politische Gegner in Jammu und Kaschmir. Dieses Thema muss beim Besuch des indischen Staatspräsidenten in der Schweiz am 12. und 13. September vordringlich und auf höchster Ebene diskutiert werden

 Amnesty International hat Bundespräsident Ueli Maurer und Aussenminister Ignazio Cassis eine Übersicht zur Lage geschickt, welche die grössten Kritikpunkte von Amnesty International in Bezug auf die Menschenrechtslage zusammenfasst. Besonders gravierend ist die Situation im indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir, die sich seit der abrupten Aufhebung der verfassungsmässigen Autonomie der Region am 5. August, weiter verschlechtert hat.

«Die Opposition wird durch willkürliche Festnahmen und Verhaftungen zerschlagen. Das Tal ist von der Welt durch einen Kommunikations-Blackout und strenge behördliche Verkehrsbeschränkungen abgeschnitten», sagte Alain Bovard, Jurist bei Amnesty International Schweiz. «Die wenigen Informationen, die noch aus der Region herausgelangen, sprechen von gravierenden Menschenrechtsverletzungen: So wird über Massenverhaftungen und Entführungen von Kindern und Jugendlichen mitten in der Nacht berichtet. Zivilpersonen würden gefoltert und Tränengas, Gummigeschosse und Schrotkanonen gegen Demonstrierende eingesetzt. Medizinische Notfälle können offenbar nicht mehr versorgt werden.»

«Die Entscheidung der Regierung in Neu-Delhi, fast zwei Millionen muslimischen Bürgerinnen und Bürgern in der Provinz Assam die indische Staatszugehörigkeit zu entziehen, gibt ebenfalls Anlass zu ernster Besorgnis. Die Spannungen zwischen der hinduistischen und der muslimischen Bevölkerung sind im Land bereits hoch.»

Indien wendet die Todesstrafe auch bei geringfügigeren Delikten an und verletzt damit Völkerrecht. «Die Schweizer Regierung muss intervenieren, damit Indien – als erster Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe – Todesurteile auf Verbrechen wie vorsätzliche Tötungen beschränkt», sagt Alain Bovard.  

Mehr Informationen:

Amnesty International ruft die beiden Bundesräte auf, beim indischen Präsidenten mit folgenden Forderungen zu intervenieren:

Jammu und Kaschmir

- Sofortige Beendigung des Blackouts der Kommunikationskanäle (Telefon-, Internet-, Mobilfunk- und Kabelnetze) und Aufhebung der Beschränkung der Bewegungsfreiheit

- Freilassung aller politischen Führungskräfte, von Aktivisten, Aktivistinnen und Medienschaffenden, die in den letzten Wochen in Verwaltungshaft genommen wurden, weil sie ihr Recht auf Meinungs- und Meinungsfreiheit einfach friedlich ausgeübt haben.

- Gewährleistung, dass die Strafverfolgungsbehörden keine unverhältnismässige Gewalt anwenden, um Demonstrationen zu «kontrollieren».

- Erleichterung der Teilnahme der Bevölkerung von Jammu und Kaschmir an Diskussionen über Themen, die sie direkt betreffen, und Ermöglichung der freien Meinungsäusserung, auch bei abweichenden Meinungen.

Staatsbürgerschaft in Assam

- Amnesty International fordert die Regierung von Assam nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die Ausländergerichte, die entscheiden, ob die indische Staatsangehörigkeit beibehalten oder entzogen werden soll, mit grösstmöglicher Transparenz und in Übereinstimmung mit den internationalen Standards für faire Verfahren arbeiten.