«Angesichts hunderttausender Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine in Europa Schutz suchen, muss die Schweiz jetzt rasch und unbürokratisch Hilfe anbieten und sich an der gerechten Verteilung Schutzsuchender in Europa beteiligen», sagt Alexandra Karle, Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz. Der Schutzstatus S, der für solche humanitäre Notlagen geschaffen wurden, sollte so ausgestaltet werden, dass der Zugang zum Asylverfahren für diejenigen, die ein Asylgesuch stellen möchten, offenbleibt.
«Wir fordern, dass allen Menschen den gleichen Schutz geboten wird. Niemand darf aufgrund der Nationalität oder des Migrationsstatus diskriminiert werden.» Alexandra Karle, Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz
«Wir fordern zudem, dass allen Menschen den gleichen Schutz geboten wird. Niemand, der vor den Schrecken des Krieges in der Ukraine flieht, darf aufgrund der Nationalität oder des Migrationsstatus diskriminiert werden. Es sind nicht nur ukrainische Staatsangehörige, die vor dem Konflikt fliehen», sagt Alexandra Karle.
Etwa eine halbe Million Menschen anderer Nationalitäten leben in der Ukraine. Die Ukraine war auch das Ziel von Schutzsuchenden, die aus Russland, Belarus und zentralasiatischen Ländern geflohen sind. Nach Angaben des UNHCR lebten Mitte 2020 in der Ukraine 2218 anerkannte Geflüchtete und weitere Schutzberechtigte sowie rund 2300 Asylsuchende. Die Bevölkerung ist sehr heterogen und umfasst Personen aus 60 Ländern.
Gemäss den geltenden gesetzlichen Regelungen ist vorgesehen, dass Personen mit dem Schutzstatus S für fünf Jahre kein Asylgesuch in der Schweiz stellen können. Dies könnte das Recht auf Asyl, wie es in der Genfer Flüchtlingskonvention geregelt ist, untergraben. Der europäische Schutzmechanismus sieht vor, dass Personen mit vorübergehendem Schutzstatus jederzeit ein Asylgesuch stellen können und dass der Schutzstatus einer Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht entgegensteht.
«Angesichts der verschärften Repression in Russland sollte die Schweiz zudem sicherstellen, dass die verschärfte Visumspflicht für Russland keine Menschenrechtsverteidiger*innen oder andere verfolgte Personen trifft», sagt Alexandra Karle.
Diese 5 Forderungen zu Asyl und Schutz stellt Amnesty an die Schweiz:
- Gewährleistung des Zugangs zu Asylverfahren und angemessenen Aufnahmebedingungen.
- Aussetzung sämtlicher Visa- und andere Einreisebestimmungen für Menschen, die aus der Ukraine fliehen, ohne Diskriminierung aufgrund ihrer Nationalität oder ihres Migrationsstatus.
- Unverzügliche Ermöglichung der Familienzusammenführungen und grosszügige Auslegung des Familienbegriffs.
- Beteiligung der Schweiz an einem europäischen Aufnahmeplan mit einer gerechten Aufteilung der Verantwortung.
- Sicherstellung, dass die Verschärfung der Visumspflicht gegenüber Russland nicht zu Lasten von Menschenrechtsverteidiger*innen oder anderen in der Region verfolgten Menschen geht.