Seit Jahren dokumentiert Amnesty International illegale Rückführungen (sogenannte Push-Backs) an den Land- und Seegrenzen der Europäischen Union (EU), in Ländern wie Griechenland, Italien, Malta, Spanien, Frankreich, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Slowenien. Push-Backs gefährden das Leben von Menschen und verstossen gegen internationales Recht.
Seit 2017 überwacht die europäische Grenzschutzagentur Frontex den Luftraum über dem zentralen Mittelmeer. Wenn ein Flüchtlingsboot entdeckt wird, benachrichtigt Frontex häufig die libysche Küstenwache, die das Boot abfängt und die Personen an Bord nach Libyen zurückschafft. Männer, Frauen und Kinder, die bei der Überquerung des Mittelmeers aufgegriffen und unter Zwang in libysche Haftanstalten zurückgebracht werden, sind dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Amnesty International hat die verheerenden Folgen der Zusammenarbeit Europas mit Libyen wiederholt verurteilt.
Amnesty International berichtete darüber hinaus von systematischer Gewalt und Misshandlung durch die kroatischen Behörden an der EU-Aussengrenze. Durch Luftüberwachung hilft Frontex den kroatischen Behörden dabei, Personen aufzuspüren, die versuchen, die Grenzen auf irreguläre Weise zu überqueren. Migrant*innen und Flüchtlinge werden regelmässig an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina abgeschoben, oftmals gewaltsam. Ihre Asylanträge werden ignoriert.
Amnesty International berichtete 2013 zum ersten Mal von Push-Backs in Griechenland. Einzelpersonen und Familien werden an informellen Orten in Griechenland festgehalten, bevor sie illegal über den Fluss Evros in die Türkei zurückgeschickt werden. Im Jahr 2021 deckte Amnesty auf, dass die griechische Grenzpolizei Menschen auf der Flucht Hunderte Kilometer entfernt von der Grenze gewaltsam aufgreift und in die Türkei abschiebt. Angesichts der völkerrechtswidrigen Push-Backs fordert Amnesty Frontex auf, ihre Operationen in Griechenland auszusetzen oder sich ganz aus dem Land zurückzuziehen.
Transparente Berichterstattung gefordert
Amnesty International fordert zudem, dass Frontex zur Rechenschaft gezogen wird, insbesondere für Operationen, die gemeinsam mit anderen Grenzbehörden durchgeführt werden. Das derzeitige Berichtssystem muss überarbeitet werden, sodass über jede Frontex-Operation transparent berichtet wird.
Es ist zwingend notwendig, dass eine Grenzschutzagentur, die in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten den Schutz der EU-Aussengrenzen sicherstellt, das Völkerrecht respektiert. Die Schweiz und die europäischen Mitgliedstaaten müssen umgehend ihre Kontrolle über die Aktivitäten von Frontex verstärken und Rechenschaft über die Menschenrechtsbilanz der Agentur verlangen: Eine Forderung, die Amnesty International in europäischen Ländern gleichsam stellt.
In Bezug auf das Frontex-Referendum in der Schweiz, welches die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel für die Grenzschutzagentur verhindern soll, macht Amnesty keine Abstimmungsempfehlung und ist nicht Teil des Kampagnenkomitees. Die Schweizer Stimmbürger*innen werden am 15. Mai über die Vorlage abstimmen.
Weitere Informationen über die Arbeit von Amnesty zum Thema Frontex.
Die Position von Amnesty International zum «No Frontex»-Referendum