Der Einsatz der Zivilgesellschaft für eine starke EU-Gesetzgebung zur Unternehmensverantwortung hat sich endlich ausgezahlt. © PHILIP REYNAERS/ECCJ
Der Einsatz der Zivilgesellschaft für eine starke EU-Gesetzgebung zur Unternehmensverantwortung hat sich endlich ausgezahlt. © PHILIP REYNAERS/ECCJ

EU einigt sich auf Konzernverantwortungsrichtlinie Nun muss die Schweiz handeln

Medienmitteilung 14. Dezember 2023, London/Bern – Medienkontakt
Am 14. Dezember hat die Europäische Union eine Einigung über die Konzernverantwortungsrichtlinie erzielt. Damit sendet sie ein starkes Signal: Grosse europäische Konzerne können die negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte und die Umwelt nicht länger ignorieren. Die Schweiz wird ihren Rückstand aufholen müssen: Auch wir brauchen ein starkes und wirksames Konzernverantwortungsgesetz.

Seit Februar 2022 arbeitete die EU intensiv an einer Konzernverantwortungsrichtlinie (CSDDD), die grosse Europäische Unternehmen weltweit dazu verpflichtet, bei ihren Geschäften Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten und klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Die Richtlinie sieht die Einführung von Aufsichtsbehörden in allen EU-Staaten vor, die bei Verstössen Bussen verhängen können. Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, die Konzerne mit Sitz in der EU verursacht haben, sollen zu-dem neu Anspruch auf Schadenersatz erhalten.

In der Nacht auf heute haben sich EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat in den 5. Trilogverhandlungen auf eine finale Fassung geeinigt, die im Frühling durch die EU-Institutionen noch formell bestätigt wird. Alle EU-Staaten müssen die Richtlinie anschliessend innerhalb von zwei Jahren umsetzen.

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung

Im November 2020 lehnte der Bundesrat die Konzernverantwortungsinitiative mit dem Argument ab, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben. Heute ist die Schweiz bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung.

Dominique de Buman, Alt-Nationalrat der Mitte-Partei und Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung, sagt dazu: «Gerade auch wegen des sehr knappen Resultats ist für uns klar, dass der Bundesrat dieses Versprechen nun auch einhalten muss. Die Schweiz braucht ein Konzernverantwortungsgesetz, damit auch problematische Goldraffinerien oder Rohstoffkonzerne wie Glencore endlich anständig geschäften und für verursachte Schäden gerade stehen müssen.»

«Die Schweiz spielt auf Zeit. Sie wird ihre Position überdenken müssen, und zwar unverzüglich.» Danièle Gosteli Hauser, Verantwortliche für Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty Schweiz

Danièle Gosteli Hauser, die seit fast 30 Jahren bei Amnesty International das Dossier Wirtschaft und Menschenrechte verfolgt, ergänzt: «Zurzeit ist es noch sehr schwierig, Konzerne für Missbräuche und Umweltverschmutzungen in der Welt zur Verantwortung zu ziehen. Die Schweiz hat auf freiwillige Initiativen gesetzt und spielt auf Zeit. Sie wird ihre Position überdenken müssen, und zwar unverzüglich.»

Auch verschiedene Wirtschaftsakteure pochen auf einheitliche Regeln

Ende November 2023 äusserten verschiedene Wirtschaftsverbände in den Medien, dass sie einen raschen Nachvollzug der EU-Konzernverantwortungsrichtlinie wichtig fänden. Dabei wurde auch die Passivität des Bundesrats kritisiert, der aktuell nur an einer kleinen Anpas-sung der Berichterstattungspflichten arbeitet. Dabei brauche die Wirtschaft Rechtssicherheit und keine doppelte Arbeit durch nicht-übereinstimmende Regeln zwischen der Schweiz und der EU im Bereich Konzernverantwortung.

Neue Initiative angekündigt

Wie die Koalition für Konzernverantwortung bereits Ende November ankündigte, bereitet sie aktuell eine neue nationale Initiative vor, um sicherzustellen, dass das Thema in Bundes-bern nicht auf die lange Bank geschoben wird.