Die Menschenrechte spielen in der aussenpolitischen Strategie der Schweiz und in der Strategie für den Nahen Osten und Nordafrika eine wichtige Rolle. Oft werden sie jedoch nicht konsequent vertreten, sondern sonern in einer vermeintlichen «Abwägung» wirtschaftlichen Interessen untergeordnet.
«...Die Schweiz hat jetzt die Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf das Königreich auszuüben, was auch dem Handelsaustausch zugute kommen könnte» Michael Ineichen, Leiter Advocacy von Amnesty Schweiz
«Seit dem Amtsantritt von Prinz Mohammed bin Salman hat sich die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien eklatant verschlechtert. Dieser ist gleichzeitig bestrebt, der Welt ein reformfreudiges und fortschrittliches Bild zu vermitteln, und achtet deshalb auf internationalen Druck. Die Schweiz hat jetzt die Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf das Königreich auszuüben, was auch dem Handelsaustausch zugute kommen könnte», sagt Michael Ineichen, Leiter Advocacy von Amnesty Schweiz.
Saudi-Arabien steht weltweit an der Spitze der Länder, die weiterhin die Todesstrafe anwenden, und die Zahl der Hinrichtungen hat im letzten Jahr stark zugenommen. Guy Parmelin sollte seine Reise nach Saudi-Arabien nutzen, um die Abschaffung der Todesstrafe, insbesondere für Minderjährige, zur Sprache zu bringen. Die Schweiz sollte auch die Freilassung all jener Personen verlangen, die wegen der Teilnahme an friedlichen Demonstrationen oder wegen kritischer Meinungsäusserung zu unbedingten Gefängnisstrafen verurteilt wurden.
Amnesty empfiehlt dem Schweizer Wirtschaftsminister zudem, arbeitsrechtliche Fragen zu thematisieren. Arbeitsmigrant*innen sind in Saudi-Arabien zahlreichen Missbräuchen ausgesetzt. Das Kafala-System (die Vormundschaft über ausländische Arbeitskräfte) sollte abgeschafft werden, ebenso die Beschlagnahmung der Pässe von Arbeitsmigrant*innen. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf die anstehenden grossen Sportevents im Königreich, einschliesslich der mit Spannung erwarteten Fussballweltmeisterschaft.
Schutz von Arbeitsmigrant*innen in Katar bleibt mangelhaft
Das anhaltende Versäumnis Katars, Massnahmen zu ergreifen, um die vor der Fussball-WM 2022 verabschiedeten Arbeitsrechtsreformen wirksam umzusetzen, gefährdet jeden greifbaren Fortschritt für Arbeitsmigrant*innen im Land. Die Regierung muss deren Schutz dringend verbessern, insbesondere durch die Umsetzung von Entschädigungsprogrammen für alle Arbeitnehmer*innen, die rund um das Turnier zu Schaden gekommen sind.
Auch Schweizer Unternehmen, inklusive Sportverbände, die in Saudi-Arabien oder Katar tätig sind oder investieren, haben eine klare Verantwortung, in ihren Aktivitäten und Investitionen die Menschenrechte zu respektieren. Dazu gehört insbesondere die Verantwortung eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchzuführen, welche relevante Risiken einschliesst.
«Auf seiner Reise nach Saudi-Arabien und Katar muss Bundesrat Guy Parmelin unbedingt den Kurs halten, den der Menschenrechtskompass vorgibt. Die Schweiz ist eine Akteurin, die den Dialog zwischen dem Privatsektor, den Behörden und der Zivilgesellschaft in diesen beiden Ländern fördern kann, indem sie gute Praktiken im Bereich des Handels und der Menschenrechte unterstützt», sagte Michael Ineichen.