In dieser Stellungnahme prüft Amnesty Artikel des Gesetzesentwurfes auf ihre Vereinbarkeit mit Menschenrechten.
Vorläufig aufgenommene Personen bleiben erfahrungsgemäss langfristig in der Schweiz und haben einen vergleichbaren Schutzbedarf wie anerkannte Flüchtlinge mit Asyl. Eine rasche und nachhaltige Integration ist daher sowohl im Interesse der Betroffenen als auch der Schweizer Gesellschaft. Als Voraussetzung dafür brauchen alle Schutzberechtigten einen gleichberechtigten Zugang zu den grundlegenden Rechten bezüglich Arbeitsmarktintegration, Kantonswechsel, Reisefreiheit, Familiennachzug und Sozialhilfe. Bereits die heutige Regelung der vorläufigen Aufnahme ist in Bezug auf diese grundlegenden Rechte sehr restriktiv.
Daher begrüsst Amnesty International es grundsätzlich, dass die Wartefrist beim Familiennachzug von vorläufig aufgenommenen Personen von drei auf zwei Jahre reduziert wird. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Verkürzung der Wartefrist auf zwei Jahre nicht de facto zu einer Verkürzung des Zeitraums führen darf, der einer Person maximal zur Verfügung steht, um die übrigen Voraussetzungen für den Familiennachzug zu erfüllen. Im Gesetzestext sollte ausserdem ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Besonderheiten des Einzelfalls – u.a. das Kindeswohl und die Zumutbarkeit für die Familie, im Ausland zu warten – im Rahmen einer Verhältnismässigkeitsprüfung des Fristenerfordernisses berücksichtigt werden. Amnesty International fordert zudem grundsätzlich eine Gleichbehandlung der Gesuche um Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen – unabhängig davon, ob sie vorläufig aufgenommen wurden oder nicht.
Amnesty International ist der Ansicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für weitere Reformen ist, die sich positiv auf die Rechtsstellung der vorläufig Aufgenommenen und ihre Integration auswirken.