«Samson Chukwu, 27 Jahre alt, starb am 1. Mai 2001 in seiner Zelle an Positionsasphyxie.» Dieses Resultat ergab die gerichtsmedizinische Untersuchung zum Todesfall im Walliser Ausschaffungszentrum von Granges. Samson Chukwu war um zwei Uhr morgens brüsk von zwei Kantonspolizisten aus dem Schlaf gerissen worden, die ihn zur zwangsweisen Ausschaffung zum Flughafen Zürich-Kloten hätten eskortieren sollen. Da er sich heftig widersetzte, wendeten die Beamten mit Hilfe eines herbeigerufenen Aufsehers Gewalt an, um ihn in Handschellen zu legen.
Minutenlang habe sich Chukwu gewehrt, heisst es im Bericht, dann sei er von den Polizisten überwältigt worden. Ein Polizist setzte sich auf seinen Oberkörper und fesselte seine Hände auf den Rücken. Chukwu blieb daraufhin leblos liegen. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Der herbeigerufene Arzt konnte um drei Uhr nur noch den Tod feststellen. Die Bauchposition sei als gefährlich bekannt, heisst es im Autopsiebericht des Instituts für Rechtsmedizin von Lausanne. Ende Februar 2007 war immer noch keine Entschädigung an die Familie von Samson Chukwu ausbezahlt worden, trotz der Empfehlungen des Co-Berichterstatters des Anti-Folter-Komitees der Vereinten Nationen.
Lebensgefährliche Praktiken
Das Beispiel von Samson Chukwu zeigt, wie gefährlich oder gar tödlich einige bei Kontrollen, Festnahmen oder während Gefangenentransporten eingesetzte Zwangsmassnahmen sein können. Drei in der Schweiz manchmal eingesetzte Zwangsmassnahmen kommen laut Internationalem Recht Misshandlungen oder Folter gleich:
1. Die Fesselung einer Person in Bauchlage mit zusätzlicher Druckeinwirkung auf den Oberkörper. Nach dem Tod Samson Chukwus empfahl die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren und -direktorinnen den kantonalen Polizeikorps alle Massnahmen, die die Atmung einer betroffenen Person beeinträchtigen könnten, von der Liste der möglichen Interventionsmethoden zu streichen. Trotz Protesten von Amnesty International wird diese Technik anscheinend auch weiterhin teilweise angewendet.
2. Die Anwendung des Würgegriffs zwecks Sicherstellung von Kokainkügelchen, die von Kleindealern im Mund transportiert werden. Um den Mund zwangsweise zu öffnen wird der Kopf der betroffenen Person gewaltsam nach hinten gedrückt. Die medizinische Fachliteratur äussert sich zu dieser polizeilichen Massnahme kritisch und stuft sie als gefährlich ein. Aus diesem Grund wurde sie von der Leitung der Polizeikorps Neuenburg, Waadt und Solothurn verboten.
3. Der Transport in einem Polizeibus mit auf den Rücken gefesselten Händen. Die Verletzungsgefahr ist erheblich, da die Fesselung der Hände auf dem Rücken unter Umständen verunmöglicht, sich festhalten zu können.
Der Bericht beanstandet auch die oft unverhältnismässige Anwendung von Gewalt bei Identitätskontrollen oder bei Verhaftungen. Zeugen haben über eine von ihnen beobachtete Verhaftung Anfang 2005 im Bahnhof Bern berichtet, bei der ein Schwarzer, obwohl er sich nicht zur Wehr setzte, bäuchlings auf den Boden gedrückt wurde. Ein Polizist in Zivil setzte sich ihm auf den Rücken. Der Polizist schleuderte den gefesselten Mann anschliessend gegen das Geländer einer Treppe, wobei der Kopf des Schwarzen gegen den Handlauf schlug. Die Stadtpolizei Bern erklärte, gegenüber dem Mitarbeiter Massnahmen ergriffen zu haben, um derartige Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Es wurde jedoch keine unabhängige Untersuchung eingeleitet.