Die Schweizer Sektion von Amnesty International lanciert deshalb an der Generalversammlung am 3. Mai 2014 in Bern eine Informationskampagne zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Zu diesem Anlass wird es eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion geben und ein «Extrablatt», in dem die komplexe Materie mit Info-Grafiken, Einzelbeispielen und Hintergrundartikeln leicht verständlich und gut lesbar aufbereitet ist. Was schützt unsere Freiheit und Sicherheit, um welche Grundrechte geht es? Die Zeitung informiert über die Grundrechte und was sie schützt. Ausserdem sagen Ruth Dreifuss, Bertrand Piccard, Melanie Winiger und Edith Wolf-Hunkeler, welche Grundrechte für sie wichtig sind und warum.
40 Jahre EMRK in der Schweiz
Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert innerhalb Europas den Schutz der fundamentalen Rechte. Sie räumt jedem Einzelnen die Möglichkeit ein, gegen Menschenrechtsverletzungen und staatliche Willkür zu klagen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg wacht über die Einhaltung und Durchsetzung der EMRK in den Mitgliedsländern. Die Schweiz hat die EMRK vor genau 40 Jahren – 21 Jahre nach deren Inkrafttreten – ratifiziert.
Die Schweiz profitiert
Mit seiner Rechtsprechung hatte der EGMR die Bundesverfassung positiv beeinflusst. So wurde bei der Revision 1999 beispielsweise der Artikel zum Schutz der Privatsphäre wortwörtlich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention übernommen und auch das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren eingefügt. Verbindliche Urteile aus Strassburg tragen zum Schutz der Grundrechte von Schweizerinnen und Schweizern bei. Auch dann, wenn sie zuvor mit einer Klage vor dem Bundesgericht gescheitert sind. Jüngstes Beispiel ist das sogenannte Asbesturteil, in dem einem Schweizer Wiedergutmachung für eine in den 60er Jahren erlittene Asbestvergiftung zugesprochen wurde. Nach Schweizer Recht war dieser Fall bereits verjährt.
Die EMRK in Gefahr
Trotzdem gibt es heute politische Strömungen in der Schweiz, die die EMRK kündigen wollen. Der Grund liegt auf der Hand: Ohne die EMRK könnten künftig Volksinitiativen, die gegen die Menschenrechte und / oder das Völkerrecht verstossen, ohne weiteres umgesetzt werden. Die Schweiz steht damit am Scheideweg: Sollen Freiheit und Sicherheit weiterhin für alle gleichermassen garantiert sein – oder nicht?
Podiumsdiskussion in Bern
Ein hochkarätig besetztes Podium diskutiert das politisch brisante Thema am Samstag, dem 3. Mai 2014, um 13 Uhr auf dem Campus Muristalden an der Muristrasse 8, Bern.
- Andreas Gross, Nationalrat und Fraktionspräsident der SP in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.
- Frank Schürmann, Prozessbevollmächtigter der Schweizer Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
- Dick Marty, ehemaliger Ständerat FDP und ehemaliges Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.
- Fabienne Aubry, Juristin und Menschenrechtsexpertin.
- Giusep Nay, ehemaliger Bundesrichter und Bundesgerichtspräsident.
- Murat Çekiç, Direktor der türkischen Sektion von Amnesty International.
Moderiert wird die Veranstaltung von Manon Schick, Geschäftsleiterin der Schweizer Sektion von Amnesty International.
Im Anschluss wird Isabelle Neulinger über ihre persönlichen Erfahrungen berichten. Sie hatte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Schweiz geklagt, weil sie nach der Scheidung von ihrem ultraorthodoxen Mann in Israel das alleinige Sorgerecht für ihren in der Schweiz lebenden Sohn erlangen wollte. Der EGMR gab ihr in zweiter Instanz Recht. Es war das erste Mal, dass ein supranationales Gericht das Recht eines Kindes höher bewertet hatte als alles andere.
Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 30. April 2014
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