Amnesty International begrüsst die Vorlage zur Ratifizierung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch vom 25. Oktober 2007 (Lanzarote-Konvention).
Sie verstärkt den Schutz von Kindern/Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch und schliesst – was dringend nötig war – die diesbezüglich bestehende Lücke für die Altersgruppe der 16- bis 18-Jährigen. Die sexuelle Mündigkeit von Jugendlichen darf nicht so weit ausgelegt werden, dass es für minderjährige Personen möglich sein soll, sich selbst zu prostituieren.
Die Urteilsfähigkeit der Jugendlichen ist in diesem Alter noch nicht hinreichend ausgeprägt, als dass sie die Tragweite dieses Schrittes in seinem vollen Umfang zu begreifen vermöchten. Richtigerweise sieht die Vorlage deshalb vor, dass nicht die Jugendlichen selbst kriminalisiert werden sollen, sondern diejenigen, die ihre Unerfahrenheit zu ihrem Vorteil ausnützen.
Im Vordergrund muss aber – nebst der Prävention – in jedem Fall der wirkungsvolle Schutz der jugendlichen Opfer stehen. Diesbezüglich weist die Vorlage aus unserer Sicht noch Mängel auf. Insbesondere gilt es das Thema Aufenthaltsrecht für ausländische Opfer anzusprechen. Während der Schutz von Opfern mit geregeltem Aufenthalt in der Schweiz bereits heute dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung gerecht wird, laufen (jugendliche) Opfer ohne Aufenthaltsrecht Gefahr, aus der Schweiz ausgewiesen zu werden und damit nicht adäquat betreut werden zu können. Hier besteht Handlungsbedarf.
Die vorgesehenen Vorbehalte der Schweiz sind aus unserer Sicht nicht zwingend bzw. bedauernswert. Namentlich der Vorbehalt in Bezug auf Artikel 25 (1) e der Konvention (S. 54 ff Vernehmlassungsentwurf) ist nicht nachvollziehbar, nämlich dass Täter, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort die Schweiz ist, von der Schweizer Gerichtsbarkeit nicht erfasst werden sollen. Dieser Vorbehalt verstösst u.E. gegen Ziel und Zweck der Konvention, die Opfer wirksam zu schützen und die transnationale Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung zu stärken.
Amnesty International ist zudem grundsätzlich kritisch gegenüber Vorbehalten im Rahmen der Ratifikation internationaler Übereinkommen, da es stets wünschenswert ist, dass alle Vertragsstaaten sich einer Konvention in ihrer Gesamtheit verpflichtet fühlen und sich eine einheitliche Praxis herausbilden kann.
Wir begrüssen im Übrigen sehr, dass die Konvention in Artikel 26 explizit auch juristische Personen in die Verantwortung nimmt, bzw. eine Verpflichtung der Staaten stipuliert, auch Unternehmen und andere juristische Personen strafrechtlich zu verfolgen.
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