Professionelles Lobbying oder Advocacy ist ein integraler Bestandteil der parlamentarischen Landschaft. Diese Arbeit ist legitim, denn die Mitglieder eines Milizparlaments wie in der Schweiz können nicht auf alle Themen spezialisiert. Sie sind daher auf Informationen und Expertenwissen angewiesen, um sich vor einer Abstimmung eine Meinung bilden zu können. Professionelles Lobbying ist jedoch dann problematisch, wenn es nicht transparent ist und die vertretenen Interessen nicht klar dargelegt werden.
Die Schweizer Sektion von Amnesty International ist der Überzeugung, dass Lobby-Aktivitäten im Parlament geregelt werden müssen, um Transparenz zu gewährleisten, und die Gleichbehandlung aller Mitglieder der Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Die zur Vernehmlassung vorgelegten Änderungen am Parlamentsgesetz (ParlG) scheinen allerdings nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen. Vor allem deshalb, weil sie das derzeitige «Götti-System» nicht in Frage stellen, das Transparenz verhindert.
Der Gesetzesentwurf verstösst gegen den Verfassungsgrundsatz der Nicht-Diskriminierung und garantiert keine Chancengleichheit. Die privilegierte Behandlung einzelner Interessengruppen oder Personengruppen hat keine Daseinsberechtigung, ausser es liegen objektive und zwingende Gründe vor. Ebenso ist die Verteilung von Zugangskarten («Götti-System») durch die ParlamentarierInnen fragwürdig. Die Verteilung der Karten erfolgt auf intransparente Weise, sei es nach dem Prinzip «first come, first served», nach parteiischen Richtlinien oder einfach auf der Grundlage persönlicher Beziehungen.
In diesem Kontext lehnt Amnesty International die vorgeschlagenen Änderungen am Parlamentsgesetz in ihrer jetzigen Fassung ab.