Zu Besorgnis Anlass geben gesetzliche Änderungen, welche eine Untersuchungen über Menschenrechtsverletuzungen durch die Sicherheitsorgane zusätzlich erschweren: Neu muss der Ministerpräsident bzw. der Innen- oder Verteidigungsminister Strafuntersuchungen gegen Militärs zustimmen. Amnesty International befürchtet, dass damit der Teufelskreis von systematischen Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit wieder in Gang kommt. So wiesen 42 Personen, die im März 2016 während einer mehrmonatigen Ausgangssperre in der Stadt Nusaybin von Sicherheitskräften verhaftet worden waren, Spuren von Folter und Misshandlung auf. Eine Untersuchung wurde bis heute nicht eingeleitet.
Fall von Verschwindenlassen
Der Fall von Hursit Külter, Ko-Vorsitzender der Kurdischen Partei der Demokratischen Regionen (DPB) in Sirnak, weckt die Befürchtung, dass auch die Praxis des Verschwindenlassens wieder Realität werden könnte: Külter wurde am 27. Mai 2016 von Spezialeinheiten verhaftet, ebenfalls während einer verhängten totalen Ausgangssperre. Seither fehlt von ihm jede Spur.
Ausgangssperren unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Menschenrechtsverletzungen während der teilweise mehrmonatigen, umfassenden Ausgangssperren bleiben oft völlig im Dunkeln: Die Behörden verweigern internationalen Organisationen, NGOs und auch dem Uno-Hochkommissar für Menschenrechte den Zugang zu den betroffenen Gebieten. Amnesty hatte diese Ausgangssperren sowie den Einsatz schwerer Waffen in Wohngebieten bereits zuvor als Verletzung internationalen Rechts und unverhältnismässig bezeichnet. Die Menschenrechtsorganisation fordert die türkische Regierung auf, ihre Sicherheitsoperationen zu überdenken. Ein Rückfall in die dunkle Realität der 1990er-Jahre wäre ein Desaster. Auch die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Verbündeten der Türkei, müssen alles tun, dies zu verhindern.
Mehr Infos in der internationalen Medienmitteilung (englisch)