© Amnesty International
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Türkei Annahme der Anklageschrift gegen Menschenrechtsverteidiger: Eine vertane Chance für die Rechtsstatlichkeit

18. Oktober 2017
Die Anklagepunkte gegen die in der Türkei inhaftierten 11 Menschenrechtsverteidiger basieren auf absurden Anschuldigungen. Dennoch hat das Istanbuler Gericht die Anklageschrift am 17. Oktober 2017 angenommen.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen Idil Eser, Taner Kılıç, den Deutschen Peter Steudtner und acht weitere MenschenrechtsverteidigerInnen verlangt für die AktivistInnen wegen mutmasslicher Terror-Unterstützung bis zu 15 Jahre Haft. Sie wurde nun trotz der völlig absurden Anschuldigungen von einem Istanbuler Gefängnis akzeptiert.

«Die Anklageschrift liefert keinen einzigen Beweis für die unhaltbaren Terrorvorwürfe der Staatsanwaltschaft. Ihre Annahme ist eine vertane Chance, diesen grotesken Rechtsirrtum zu korrigieren und die Rechtstaatlichkeit wiederherzustellen», sagt Beat Gerber, Mediensprecher von Amnesty Schweiz. 

«Die Anklage ist politisch motiviert. Mit ihrer Annahme hat sich das Gericht diskreditiert, es hat die Gelegenheit verpasst, die Unabhängigkeit der türkischen Justiz zu beweisen. Der Vorwurf der ‚Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation‘ hat einzig das Ziel, Kritikerinnen der Regierung und Menschenrechtsverteidiger zum Schweigen zu bringen. Idil Eser, Taner Kiliç, Peter Steudtner und die anderen acht Männer und Frauen werden allein deshalb vor Gericht gestellt, weil sie sich friedlich für die Rechte anderer eingesetzt haben.»

Taner Kiliç mitangeklagt

Zehn der Angeklagten, darunter Idil Eser, Direktorin von Amnesty-Türkei, waren am 5. Juli 2017 nach einem Weiterbildungsworkshop verhaftet worden. Der Präsident der türkischen Amnesty-Sektion war hingegen schon einen Monat zuvor in  Haft genommen worden. Am 4. Oktober hatte ein Staatsanwalt in Istanbul die Anklageschrift verfasst und in diese auch Taner Kiliç eingeschlossenen. Das bedeutet, dass Taner Kiliç nicht nur für die Vorwürfe, die ihm bei seiner Verhaftung gemacht wurden, vor Gericht gestellt werden wird, sondern nun auch für diese  Anklagepunkte gegen Idil Eser. Der Staatsanwalt hat dies verlangt, weil seiner Meinung nach Taner Kiliç vom Workshop der AktivistInnen gewusst habe, der als Hauptbeweis für deren Anklage herhalten muss.

Alle elf Angeklagten werden in der Anklageschrift vom 17. Oktober als «Mitglieder diverser bewaffneter terroristischer Organisationen» bezeichnet.