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Türkei Schauprozess gegen Menschenrechtsaktivisten beginnt

Medienmitteilung 25. Oktober 2017, London/Bern Medienkontakt
In Istanbul und Izmir beginnen die Prozesse gegen elf prominente Menschenrechtsverteidiger, darunter die Direktorin und der Präsident der Ländersektion von Amnesty International. Mit haltlosen und teilweise grotesken Anklagen wird den Aktivistinnen und Aktivisten Mitgliedschaft in einer Terrororganisation unterstellt.

Den Menschenrechtlern drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der Prozess findet in zwei getrennten Verfahren in Istanbul und Izmir statt. Am Mittwoch sind in Istanbul unter anderem İdil Eser, die Direktorin von Amnesty-Türkei, der Deutsche Peter Steudtner, der Schwede Ali Ghavari sowie weitere Aktivistinnen und Aktivisten vorgeladen. Taner Kılıç, der Präsident von Amnesty-Türkei, muss sich ab Donnerstag in Izmir verantworten.

«Seit dem Moment der Inhaftierung ist klar, dass es sich um eine politisch motivierte Strafverfolgung handelt, die darauf abzielt, kritische Stimmen in der Türkei zum Schweigen zu bringen», sagte John Dalhuisen, Europa-Direktor von Amnesty International. «Die beiden Gerichtsprozesse sind ein Härtetest für das türkische Justizsystem. Sie werden zeigen, ob es heute in der Türkei ein Verbrechen ist, sich für die Menschenrechte einzusetzen.»

Seit Monaten in Untersuchungshaft

Zehn der Angeklagten, darunter İdil Eser, Direktorin von Amnesty-Türkei, waren am 5. Juli 2017 nach einem Weiterbildungsworkshop in Büyükada bei Istanbul verhaftet worden. Der Präsident der türkischen Amnesty-Sektion war hingegen schon einen Monat zuvor in Haft genommen worden.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten ohne jegliche stichhaltigen Beweise vor, ein «geheimes Treffen zur Organisation eines Aufstands im Gezi-Stil» organisiert zu haben. Auch Taner Kılıç soll von diesem Treffen gewusst haben. Zudem wird gegen ihn eine separate Anklage wegen «Mitgliedschaft in der Terrororganisation Fethullah Gülen» vorgebracht. Auch diese entbehrt jeglicher Grundlage.

Amnesty International hat eine detaillierte Analyse der Anklagen vorgenommen und jeden der gegen die 11 Angeklagten erhobenen Vorwürfe untersucht:

Analyse der Anklage «Istanbul 11»

Analyse der Anklage von Taner Kilic

Internationaler Widerstand

Gegen die Prozesse und die offensichtlich konstruierte Anklage hat sich internationaler Widerstand formiert. Weltweit haben Tausende von Aktivistinnen und Aktivisten gegen die Verhaftung protestiert.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs und Vertreter internationaler Organisationen fordern ihre Freilassung.

Das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA hat sich wiederholt für die Menschenrechtler eingesetzt.

Auch bekannte Persönlichkeiten engagieren sich für ihre Freilassung.

Darunter auch Whistleblower Edward Snowden:

Die Anhörung der elf Angeklagten soll am 25. Oktober in Istanbul am 35. Gerichtshof für schwere Straftaten beginnen. Taner Kiliç soll erstmals am 26. Oktober 2017, um 10 Uhr in Izmir am 16. Gerichtshof für schwere Straftaten angehört werden.