Selahattin Demirtas (Archivbild von 2003) © Amnesty International
Selahattin Demirtas (Archivbild von 2003) © Amnesty International

Türkei EGMR-Entscheid zu Demirtas legt Willkür der türkischen Justiz offen

21. November 2018
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist im Falle des türkischen Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas zum Schluss gekommen, dass die fortgesetzte Untersuchungshaft politisch motiviert ist und die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Für Amnesty legt dieses Urteil einmal mehr offen, wie weit sich die türkische Justiz von rechtsstaatlichen Grundsätzen entfernt hat. Amnesty fordert die türkische Regierung auf, das EGMR-Urteil umzusetzen und Selahattin Demirtas umgehend freizulassen.

Das Strassburger Gericht hat entschieden, dass die seit zwei Jahren andauernde Untersuchungshaft des türkischen HDP-Politikers Selahattin Demirtas’ Art. 5, Absatz 3 sowie Art. 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Selahattin Demirtas wird gemäss EGMR nicht aufgrund rechtstaatlich legitimer Gründe festgehalten, sondern, um die die Meinungsvielfalt einzuschränken. Zudem wird sein Recht, innerhalb nützlicher Frist vor Gericht gestellt zu werden, missachtet.

«Das Urteil sollte weitreichende Folgen haben in einem Land, in dem VertreterInnen der Zivilgesellschaft routinemässig aufgrund vorgeschobener ‘Straftatbestände’ und für lange Zeit in Untersuchungshaft gehalten werden», so Andrew Gardner, Amnesty’s Research-Verantwortlicher für die Türkei. «Es zeigt auch mit eindringlicher Deutlichkeit die Politisierung der türkischen Justiz, die dazu eingesetzt wird, die freie Meinungsäusserung und politischen Dissens zu bestrafen».  

Als Mitgliedstaat des Europarates ist die Türkei verpflichtet, sich an die Urteile des EGMR zu halten. Die Behörden müssen daher Selahattin Demirtas unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen.