Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation OVD-Info wurden in den Tagen seit der Invasion über 5900 friedliche Demonstrierende in ganz Russland festgenommen. Am 24. Februar wies die russische Medienaufsichtsbehörde die Medien an, bei der Berichterstattung über den Einmarsch Russlands in der Ukraine nur Informationen aus offiziellen staatlichen Quellen zu verwenden. Wer sich dieser Anordnung widersetzt, muss mit der Sperrung seiner Website und hohen Geldstrafen rechnen.
«Die russischen Behörden werden zunehmend repressiver, indem sie Anti-Kriegskundgebungen gewaltsam auflösen und die Presse zensieren.» Marie Struthers, Direktorin von Amnesty International für Osteuropa und Zentralasien
«Während Tausende von Demonstrant*innen in ganz Russland auf die Strasse gehen, um den Krieg anzuprangern, ist der Kreml nach wie vor wild entschlossen, kritische Stimmen zu unterdrücken. Die einheimischen Medien werden gezwungen, Putins Politik zu unterstützen. Die russischen Behörden werden zunehmend repressiver, indem sie Anti-Kriegskundgebungen gewaltsam auflösen und die Presse zensieren», sagte Marie Struthers, Direktorin von Amnesty International für Osteuropa und Zentralasien.
«Im verzweifelten Bestreben, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen, nutzt Russland auch staatlich kontrollierte Unternehmen, um diejenigen mundtot zu machen, die sich gegen den Konflikt aussprechen. Die Absetzung des Fernsehmoderators Iwan Urgant und die Kaltstellung der angesehenen Journalistin Jelena Tschernenko, die aus einem staatlichen Pressepool ausgeschlossen wurde, weil sie einen Antikriegsbrief verfasst hatte, zeugen von der blanken Missachtung der Pressefreiheit durch den Staat.»
«Während Russland im Rahmen der Invasion in der Ukraine wahllose Angriffe durchführt, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen, treten die Behörden das Recht auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung in Russland mit Füssen. Das brutale Vorgehen der Behörden gegen all jene, die ihre Ablehnung des Krieges zum Ausdruck bringen, muss jetzt aufhören», fordert Marie Struthers.
Amnesty International hat in vergangenen Tagen dokumentiert, wie die russische Armee unter Missachtung des humanitären Völkerrechts bei ihrer Invasion der Ukraine wahllose Angriffe auf dicht besiedeltes Gebiet durchgeführt und dabei zivile Opfer in Kauf genommen hat. Auch für den Einsatz verbotener Streumunition durch russische Truppen gibt es mittlerweile ausreichende Belege. Amnesty hat bereits vier wahllose Angriffe verifiziert, bei denen Schulen und Kindergärten getroffen wurden.
Hintergrund
Am 24. Februar 2022 wies die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor alle Medien an, bei der Berichterstattung über den Einmarsch Russlands in der Ukraine nur Informationen aus offiziellen staatlichen Quellen zu verwenden. Wer sich dieser Anordnung widersetzt, muss mit der Sperrung seiner Website und einer Geldstrafe von bis 62’600 Dollar rechnen.
Am 28. Februar sperrte die Aufsichtsbehörde die Website von Nastojaschtsche Wremja (Current Times), einer Tochtergesellschaft von RFE/RL, wegen der Verbreitung «unzuverlässiger öffentlich wichtiger Informationen» über den Konflikt. Am 27. Februar gab die Generalstaatsanwaltschaft eine Erklärung ab, in der sie mit Strafverfolgung unter dem Vorwurf des «Hochverrats» für jede Art der «Unterstützung eines ausländischen Staates, einer internationalen oder ausländischen Organisation oder ihrer Vertreter*innen bei gegen die Sicherheit der Russischen Föderation gerichteten Aktivitäten» drohte.
In den ersten vier Tagen der Invasion ging die russische Polizei routinemässig mit Gewalt gegen die landesweiten Antikriegsproteste vor. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation OVD-Info wurden in 67 Städten in ganz Russland mindestens 5900 friedliche Demonstranten verhaftet. Am 24. Februar wurde der politische Philosoph Grigorij Judin von der Polizei bewusstlos geschlagen und musste hospitalisiert werden.