Ein Raketenangriff auf Saporischschja traf unter anderem einen humanitären Konvoi. (Symbolbild nach Ablauf der Bildrechte vom Originalbild) © pixabay (wal-172619)
Ein Raketenangriff auf Saporischschja traf unter anderem einen humanitären Konvoi. (Symbolbild nach Ablauf der Bildrechte vom Originalbild) © pixabay (wal-172619)

Ukraine Raketenangriff auf humanitären Konvoi verstösst gegen internationales Recht

Medienmitteilung 30. September 2022, London/Bern – Medienkontakt
Der Angriff auf einen humanitären Konvoi in der ukrainischen Stadt Saporischschja zeigt einmal mehr Russlands völlige Missachtung des internationalen Rechts, sagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Als Reaktion auf Berichte, wonach heute mindestens 25 Zivilist*innen bei einem Raketenangriff auf einen humanitären Konvoi in der ukrainischen Stadt Saporischschja getötet wurden, sagte Denis Krivosheev, stellvertretender Direktor von Amnesty International für Osteuropa und Zentralasien:

«Die Tatsache, dass ein humanitärer Konvo bei diesem schrecklichen Angriff getroffen wurde, ist ein weiterer Beweis für Russlands völlige Missachtung des Lebens von Zivilist*innen in der Ukraine. Menschen, die humanitäre Hilfe leisten, sind keine militärischen Ziele, und es ist verheerend zu sehen, wie weitere Menschenleben durch mutwilligen Tod und Zerstörung ruiniert werden. Alle, die für Russlands wiederholte rechtswidrige Angriffe in der Ukraine verantwortlich sind, müssen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden.»

Der Konvoi wurde angegriffen, als er sich auf den Weg in einen von Russland besetzten Teil der Region machte, um humanitäre Hilfe zu leisten. Vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einem humanitären Hilfseinsatz beteiligt sind, stellen ein Kriegsverbrechen dar.

Durch die Analyse von Fotos und Videos aus sozialen Medien konnte das Crisis Evidence Lab von Amnesty International bestätigen, dass der Angriff eine Kolonne ziviler Fahrzeuge traf, die sich auf dem Avtorynok-Autoschrottplatz am südlichen Stadtrand von Zaporizhzhia, etwa 27,5 Kilometer von der Frontlinie entfernt, versammelt hatten. Ein Krater in der Nähe des Konvois war etwa fünf Meter breit und 2,5 Meter tief, was dem Sprengkopf einer grossen Lenkwaffe entspricht.

Medienberichten zufolge wurden mindestens 25 Menschen getötet und 50 verwundet − allesamt Zivilist*innen. Amnesty International konnte 23 einzelne Todesfälle von Frauen und Männern bestätigen, indem die Organisation Fotos und Videos analysierte, um besondere Kleidungsstücke und charakteristische Merkmale an den Körpern der Opfer zu identifizieren.

Die ukrainischen Behörden berichteten, dass während des Angriffs 16 Raketen auf oder in der Nähe von Saporischschja abgefeuert wurden. Aus Online-Aufzeichnungen geht hervor, dass die Alarmsirenen des Zivilschutzwarnsystems um 7.11 Uhr Ortszeit, also fast zeitgleich mit dem Angriff, ertönten. Aufgrund der Entfernung innerhalb des ukrainisch kontrollierten Gebiets, der Warnsirenen, der Grösse und Art des Kraters und der Anzahl der gleichzeitig abgefeuerten Waffen ist Amnesty International der Ansicht, dass es sich mit ziemlicher Sicherheit um einen Angriff russischer Streitkräfte handelte.

Der Angriff erfolgte, als der russische Präsident Wladimir Putin die Annexion von vier ukrainischen Gebieten in den Regionen Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja ankündigte, die von russischen Streitkräften besetzt sind. Amnesty International hat die so genannten Referenden, die der Ankündigung vorausgingen, bereits als illegal bezeichnet und davor gewarnt, dass die russische Annexion besetzter Gebiete gegen das Völkerrecht verstösst.

Rechenschaftspflicht für Kriegsverbrechen

Seit Beginn des Konflikts dokumentiert Amnesty International Kriegsverbrechen und andere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht, die während des russischen Angriffskriegs in der Ukraine begangen wurden.

Amnesty International hat wiederholt gefordert, dass Angehörige der russischen Streitkräfte und Beamte, die für Rechtsverletzungen verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden, und hat die laufenden Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in der Ukraine begrüsst. Eine umfassende Rechenschaftspflicht in der Ukraine erfordert die konzertierten Bemühungen der UNO und ihrer Organe sowie Initiativen auf nationaler Ebene gemäss dem Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit.