Nach dem neuen Gesetz müssen sich NGOS, die pro Jahr mehr als 24'000 Euro – direkt oder indirekt – aus dem Ausland erhalten, als «aus dem Ausland finanzierte, zivilgesellschaftliche Organisation» registrieren lassen und diese abwertende Bezeichnung auf allen Publikation anführen.
Von diesem Gesetzesentwurf sind unter anderem jene Organisationen betroffen, die als unabhängige Beobachter aufzeigen, wenn der ungarische Staat Menschenrechte verletzt oder seinen Pflichten nicht nachkommt.
«Es wird behaupted, das Gesetz sei notwendig, um die nationale Sicherheit zu schützen und den Terrorismus zu bekämpfen; dieses Argument ist sehr fadenscheinig und kann nicht verbergen, worin sein wahres Ziel besteht: Kritische NGOs zu diskreditieren und einzuschüchtern», sagt John Dalhuisen, Amnesty Verantwortlicher für Europa.
«Dieser neueste Angriff gegen die Zivilgesellschaft will kritische Stimmen mundtot machen. Das Gesetz erinnert erschreckend an das sogenannte Auslandsagenten-Gesetz, das in Russland verheerende Folgen für jene Menschen hat, die auf die Hilfe und Unterstützung von NGOs angewiesen sind.»
Offenlegung und Prüfungen waren bereits gesetzlich verankert
Angeblich soll das ungarische Gesetz zu besserer Transparenz führen. Tatsächlich wird es den betroffenen Organisationen aber vor allem einen unnötigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auferlegen. Denn NGOs waren auch schon davor verpflichtet, jährlich Finanzierungen aus dem Ausland offenzulegen und sie konnten jederzeit von den Behörden geprüft werden. Ein Gesetz, das im Jahr 2011 verabschiedet worden war, enthält umfangreiche Auflagen, darunter die detaillierter Berichterstattung über die Finanzierung, um die Transparenz und die Rechenschaftspflicht von NGOs zu gewährleisten.
Es ist wahrscheinlich, dass das neue Gesetz gegen die EU-Vorschriften zum freien Kapitalverkehr verstösst. Ausserdem könnte es auch nach EU-Recht diskriminierend sein, da es nur für bestimmte Arten von NGOs gilt. Organisationen, die diese neuen Regeln nicht einhalten, drohen Verwarnungen, Geldstrafen und letztendlich das Arbeitsverbot in Ungarn.
«Dieser berechnende Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäusserung und auf freie Vereinigung ist eine schwere Fehleinschätzung und widerstösst gegen die Verpflichtungen Ungarns in Sachen Menschenrechtsschutz. Er muss auf allen Ebenen angefochten werden – von den Basisorganisationen in Ungarn bis zu den Vertretern der Europäischen Union in Brüssel», sagt Dalhuisen.
Hintergrund
Der ungarische Gesetzesentwurf wurde mit 130 Für-, 44 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen angenommen. Er erinnert an das «Auslandsagenten»-Gesetz in Russland. Seitdem es 2012 in Kraft getreten ist, ist das Risiko einer ausländischen Finanzierung für NGOs in Russland schlicht zu gross geworden. Es hat dazu geführt, dass der Ruf von Hunderten glaubwürdigen und wichtigen Organisationen nachhaltig geschädigt wurde, ihre Mitarbeiter*innen eingeschüchtert und ihre Arbeit durch administrative Auflagen verunmöglicht wurde.