Das ungarische Parlament hat ausgerechnet am Weltflüchtlingstag das umstrittene Gesetzespaket «LexNGO2018» verabschiedet, das die Arbeit von MenschenrechtsaktivistInnen nicht nur erschwert, sondern zu einem Verbrechen macht. Sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen, die sich für die Rechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen einsetzen, können künftig unter dem Schlagwort der ‚Erleichterung illegaler Einwanderung‘ für ihr Engagement bestraft werden.
Manon Schick, Geschäftsleiterin der Schweizer Sektion von Amnesty International, sagt dazu: «Dieses Gesetzespaket kriminalisiert Menschen, die anderen helfen und eine legitime und notwendige Menschenrechtsarbeit verrichten.»
Mit dem vagen Sammelbegriff der ‚Erleichterung illegaler Einwanderung‘ kann der Einsatz für Flüchtlinge strafrechtlich geahndet weden – so beispielsweise die Vermittlung von Rechtsbeistand an Asylsuchende oder die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen an der ungarischen Grenze.
Auch die ungarische Sektion von Amnesty International könnte von dem neuen Gesetzespaket betroffen sein. «Amnesty International fordert die ungarischen Behörden auf, das Inkrafttreten des Gesetzespakets zu verhindern und sicherzustellen, dass Ungarn seine internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen einhält,» sagt Manon Schick.
Hintergrund
Das am 20. Juni vom ungarischen Parlament mit überwältigender Mehrheit verabschiedete Gesetz kriminalisiert eine Reihe von wichtigen und legitimen Aktivitäten im Zusammenhang mit AsylbewerberInnen, Menschen auf der Flucht und MigrantInnen – darunter Solidarität mit und Arbeit für diese Menschen –, die alle sowohl völkerrechtlich als auch durch EU-Recht geschützt sind. Wer gegen das Gesetz verstösst, muss mit bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen.
Ein separater Gesetzentwurf, der eine «siebte Änderung» der Verfassung vorschlägt, wurde ebenfalls angenommen. Diese Änderung untergräbt die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, indem sie die Ansiedelung von Personen aus Ländern ausserhalb der EU verbietet, die Möglichkeiten für friedlichen Protest einschränkt, die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt, Obdachlosigkeit kriminalisiert und von staatlichen Behörden den Schutz der «christlichen Kultur» Ungarns fordert.
Diese Änderungen des ungarischen Rechts stellen eine ernste Bedrohung für das Recht auf Asyl, das Recht auf Freizügigkeit, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit und das Recht, frei von Diskriminierung zu sein, dar.