Ägypten «Jungfräulichkeitstests» müssen untersucht werden

1. Juni 2011
Amnesty International fordert, dass diejenigen, welche «Jungfräulichkeitstests» an inhaftierten Demonstrantinnen angeordnet haben, vor Gericht gestellt werden, dies nachdem ein ägyptischer General entsprechende Berichte bestätigt hat.
Absurde Begründung eines Generals

Die Amnesty-Delegation in Ägypten erhielt bereits im März Zeuginnenaussagen von Demonstrantinnen, die zu «Jungfräulichkeitstests» gezwungen worden waren. Ein Schreiben an das oberste Militärgericht blieb in der Folge ohne Antwort. Nun hat ein (anonym bleibender) ägyptischer General in einem CNN-Fernsehinterview die «Tests» eingeräumt und mit absurden Begründungen gerechtfertigt: Die Frauen hätten in den Protestcamps gemeinsam mit Männern übernachtet. Mit den «Tests» hätte das Militär zudem zeigen wollen, dass die Frauen keine Jungfrauen mehr waren, um so Vergewaltigungsvorwürfen vorzubeugen. Diese Rechtfertigung impliziert, dass nur Jungfrauen vergewaltigt werden können, was eine äusserst sexistische Haltung und rechtliche Unhaltbarkeit darstellt.

Was am 9. März geschah

Am 9. März - einen Tag nach dem internationalen Tag für die Rechte der Frauen - hatte die ägyptische Armee den Tahrir-Platz gewaltsam geräumt. Dabei wurden nach Erkenntnissen von Amnesty 18 Frauen gefangen genommen, geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert. 17 von ihnen wurden auch gezwungen, sich nackt auszuziehen und sich den genannten «Jungfräulichkeitstests» zu unterziehen. Am 11. März wurden sie vor ein Militärgericht gestellt, am 13. März schliesslich - z.T. mit einem Jahr Haft auf Bewährung wegen Anstiftung zu öffentlicher Unruhe bestraft - freigelassen.

Amnesty International fordert die ägyptische Regierung und Armee dringend auf, die Vorfälle zu untersuchen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und aus dem Dienst zu entlassen sowie klare Instruktionen zur Verhinderung derartiger Vorkommnisse zu erlassen.

Frauen vom Reformprozess ausgeschlossen

Amnesty befürchtet, dass die «Tests» Ausdruck einer generell diskriminierenden und patriarchalen Haltung sind, die auch dazu führt, dass Frauen vom Übergangsprozess ausgeschlossen werden. Bezeichnenderweise gehört dem Komitee für die Reform der Verfassung keine einzige Frau an. Amnesty hat deshalb eine weltweite E-Mail-Kampagne an die ägyptische Regierung lanciert und fordert die volle Einbindung und Partizipation der Frauen in den Übergangsprozess.