«Amnesty hat den Prozess gegen Mubarak und weitere Personen für ihre Rolle in der blutigen Niederschlagung der Proteste, die im Januar 2011 begannen, von Anfang an begrüsst», sagte Ann Harrison, Vizedirektorin von Amnesty International für Nahost und Nordafrika. «Dennoch haben das Gerichtsverfahren und das Urteil die Familien der Opfer und die überlebenden Betroffenen im Dunkeln darüber gelassen, was damals wirklich geschah, und haben insofern noch keine volle Gerechtigkeit geschaffen.» Die ägyptischen Behörden müssten jetzt eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen, um die Lücke zu füllen, die das Verfahren hinterliess, erklärte Harrison weiter.
Opfer frustriert
Während des vergangenen Jahres sind zahlreiche Polizeioffiziere, die direkt der Tötung von Demonstranten angeklagt waren, freigesprochen worden. Das sorgte bei den Angehörigen der Todesopfer und den noch lebenden Opfer für Ärger und Frustration, weil die Justiz mehr als ein Jahr nach der Revolution vom 25. Januar noch immer nicht fähig ist, wirklich Gerechtigkeit für sie zu schaffen.
«Das Urteil sollte der Startschuss sein für eine dringend nötige Reform der Institutionen und des Rechtssystems mit dem Ziel, Ägyptens Kultur der Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen ein für alle Mal zu beenden», sagte Ann Harrison. «Solange solche grundlegende Reformen fehlen, werden Sicherheitsbeamte und andere weiterhin davon ausgehen, dass sie ungestraft Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe begehen können.»
Ende des Ausnahmezustands
Am 1. Juni wurde der seit 31 Jahren in Ägypten herrschende Ausnahmezustand aufgehoben. Es wird sich zeigen müssen, ob damit auch nachhaltig mit den gängigen repressiven Praktiken gebrochen wird. Mehr