Die Polizei hatte während der Kundgebung in Kairo am Samstag Tränengas und scharfe Munition eingesetzt, um die Anhänger des verhafteten Präsidenten Mursi auseinander zu treiben. Dabei starben 80 Menschen. Weitere 10 wurden bei den Auseinandersetzungen zwischen Mursi- Anhängern und Gegnern in Alexandria erschossen.
«Das jüngste Blutvergiessen sollte die ägyptischen Behörden endlich aufrütteln und ihnen die Dringlichkeit einer Polizeireform klar machen», sagt Philip Luther, der bei Amnesty International für Nahost und Nordafrika zuständig ist.
Der ägyptische Innenminister hatte geleugnet, dass die Sicherheitskräfte am 27. Juli scharfe Munition eingesetzt hätten, um die DemonstrantInnen zu vertreiben. Amnesty hat inzwischen sowohl Zeugenaussagen von Verletzten und Beobachtern sowie die Aussagen des medizinischen Fachpersonals und Videoaufnahmen ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass die Aussagen des Innenministers ernsthaft in Zweifel gezogen werden müssen.
80 Tote wurden am Samstag in die Zeinhoum-Leichenhalle in Kairo gebracht. Bei 63 Leichen wurde daraufhin am Sonntag eine Autopsie durchgeführt: 51 Menschen sind ohne Zweifel mit Gewehren erschossen wurden, acht weitere erlagen ihren schweren Verletzungen, weil auf sie mit einer Schrotflinte geschossen worden war. Bei drei Leichen steckten sowohl Schrot- als auch Gewehrkugeln im Körper, ein Mann starb an einem Schädelbruch. Bei der Obduktion von neun Leichen wurden 9-Millimeter Revolverkugeln und Gewehrpatronen sichergestellt.
Die Ärzte des Al-Hussein Universitätsspitals sagten aus, dass 60 Prozent der Patienten von hinten angegriffen und verwundet wurden.
«Die ägyptischen Sicherheitskräfte handeln immer wieder mit tödlicher Gewalt und nehmen keinerlei Rücksicht auf das Leben der Menschen. Feuerwaffen sollten von der Polizei nur dann eingesetzt werden, wenn eine unmittelbare Gefahr für das eigene Leben besteht», sagt Philip Luther.
Der ägyptische Innenminister Mohammed Ibrahim hatte am Samstag gesagt, dass die Mursi-Anhänger geschossen hätten und seine Sicherheitskräfte lediglich eingegriffen hätten, um eine Verkehrsblockade durch die Demonstranten zu verhindern. Unter den Sicherheitskräften hätte es keine Toten gegeben. Einige Stunden, bevor die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten schoss, hatte Mohammed Ibrahim diese noch gewarnt, er werde das Sit-in gewaltsam auflösen.
Detaillierte Zeugenaussagen in der internationalen Medienmitteilung (englisch)
Medienmitteilung veröffentlicht: London / Bern, 30. Juli 2013
Medienkontakt