«Bei den Todesurteilen handelt es sich um eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit. Sie müssen unverzüglich aufgehoben werden. Mit der Verhängung der Todesurteile in einem einzigen Verfahren und in dieser Grössenordnung stellt Ägypten die meisten anderen Länder der Welt in den Schatten», sagte Ruth Jüttner, Expertin für den Mittleren Osten bei Amnesty Deutschland. «In Ägypten und weltweit wurden seit Jahren nicht mehr so viele Todesstrafen in einem einzigen Verfahren verhängt.»
«Ägyptens Gerichte sind nicht nur vorschnell darin, Mursi-Anhänger zu bestrafen, sie ignorieren gleichzeitig schwere Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte. Während Tausende von Mursi-Anhänger im Gefängnis sitzen, gab es bislang keine angemessene Untersuchung der Todesfälle von Hunderten von Demonstranten. Nur einem Polizeibeamten droht nach dem Tod von 37 Häftlingen eine Gefängnisstrafe.»
«Ohne einen unabhängigen und unparteiischen Prozess steht die Frage im Raum, ob die Strafjustiz in Ägypten noch irgendwas mit Gerechtigkeit zu tun hat. Die ägyptischen Behörden sollten ein Moratorium für Hinrichtungen verhängen und sie langfristig abschaffen.»
Die ägyptischen Behörden weigern sich trotz wiederholter Anfragen von Amnesty International, die Anzahl von Todesurteilen und Hinrichtungen zu veröffentlichen. Laut Zahlen von Amnesty International haben ägyptische Gerichte im Jahr 2013 mindestens 109 Todesurteile verhängt, 2012 mindestens 91 und 2011 mindestens 123. Die letzte bekannte Hinrichtung wurde im Oktober 2011 vollstreckt: Ein Mann wurde für die Tötung von sechs koptischen Christen und einem muslimischen Polizeibeamten gehängt.