Graffiti gegen sexuelle Belästigung in Kairo © Melody Patry / Index on Censorship (mural by El Zeft and Mira Shihadeh)
Graffiti gegen sexuelle Belästigung in Kairo © Melody Patry / Index on Censorship (mural by El Zeft and Mira Shihadeh)

Ägypten vier Jahre nach Ausbruch der Revolution Epidemische Gewalt gegen Frauen - symbolische Reformen reichen nicht!

Fast ausnahmslos erfahren Frauen und Mädchen in Ägypten verschiedenste Formen der Gewalt, sei es im eigenen Heim, in der Öffentlichkeit oder gar von Beamten und Polizisten. Amnesty International fordert die ägyptische Regierung auf, statt symbolischen Reformen endlich eine klare Strategie vorzulegen.

Der heute veröffentlichte Bericht «‘Circles of hell’: Domestic, public and state violence against women in Egypt» dokumentiert, dass die Gesetzgebung in Ägypten trotz einiger kosmetischer Reformen auch weiterhin eine Kultur der sexuellen und geschlechtsspezfischen Gewalt fördert.

«Tatsache ist, dass Frauen und Mädchen in Ägypten in allen Lebensbereichen vielfältigsten Formen der Gewalt ausgesetzt sind», sagt Cyrielle Huguenot, Frauenrechtsexpertin von Amnesty International Schweiz. «Zuhause werden viele von ihren Ehemännern und von Familienangehörigen geschlagen, ausgebeutet oder sexuell missbraucht. In der Öffentlichkeit werden sie ständig angemacht und belästigt, von einem Mob sexuell bedroht, oder gar von Beamten gewalttätig behandelt.»  

Mehr als 99% aller Frauen und Mädchen in Ägypten berichteten in einer Umfrage von UN-Women im Jahr 2013 von Erfahrungen mit sexueller Belästigung in der einen oder anderen Form. Daran haben die wenigen Verurteilungen kaum etwas geändert, die seit der Einführung eines neuen Gesetzes gegen sexuelle Belästigung im vergangenen Jahr ausgesprochen wurden. Eine klare und nachhaltige Strategie ist in den symbolischen Reformen der ägyptischen Regierung und in den öffentlichen Beteuerungen von Präsident Fattah Al-Sisi, das Problem angehen zu wollen, nicht erkennbar. Die Behörden verharmlosen geschlechtsspezifische Gewalt nach wie vor und diskriminieren Frauen weiterhin.      

«Jahrelang haben verschiedene ägyptische Regierungen den Kampf für die Rechte der Frauen entweder als PR-Übung missbraucht oder wollten sich damit Vorteile vor ihren politischen Gegnern verschaffen. Die anhaltende sexuelle Gewalt gegenüber Frauen wurde zwar immer angeprangert und es wurden Reformen versprochen, doch bis heute ist nichts geschehen», so Huguenot.

Im März stehen in Ägypten Parlamentswahlen an. Amnesty International fordert die ägyptische Regierung auf, diese Gelegenheit wahrnehmen und den Kampf gegen sexuelle Gewalt ganz nach oben auf ihre politische Agenda zu setzen. «Frauen sind ein wesentlicher Teil der Lösung für die Probleme, mit denen Ägypten heute konfrontiert ist», so Huguenot. «Es ist an der Zeit, dass die Behörden einen klaren Plan vorlegen, wie sie Gewalt und Diskriminierung überwinden wollen.»

Medienmitteilung veröffentlicht: London/Bern, 21. Januar 2015
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