Seit 2011 debattieren Regierung und Parlament in Ägypten immer wieder neue Gesetzesvorschläge, mit dem Ziel, den Handlungsspielraum von NGOs zu beschneiden. 2017 kritisierten nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen das letzte solche NGO-Gesetz, das sogenannte Gesetz 70/2017. Der Uno-Menschenrechtsrat, die EU und die USA griffen diese Kritik auf. Präsident Abdel Fattah al-Sisi forderte daraufhin das zuständige Ministerium auf, dieses zu überarbeiten.
Im Mai 2019 wurde der neue Entwurf dem Parlament unterbreitet, welches ihn am 15 Juli ratifizierte. Abdel Fattah al-Sisi hat nun 30 Tage Zeit, den Gesetzesentwurf zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen. Tut er das nicht, tritt das neue Gesetz in Kraft.
In den einleitenden Bemerkungen legen die AutorInnen des neuen Gesetzes dar, dass das neue Gesetz – ungleich des alten – nun internationalen Standards entsprechen würde. Diese Lesart hält der Überprüfung durch Amnesty International jedoch nicht stand: Die Änderungen sind vor allem kosmetischer Natur, während die drakonischsten Bestimmungen beibehalten werden.
Eine auf den ersten Blick signifikante Änderung im neuen Gesetz ist zum Beispiel, dass Mitarbeitende von NGOs, denen vorgeworfen wird, Gelder aus dem Ausland zu erhalten, nicht mehr verhaftet werden dürfen. Auf den zweiten Blick stellt sich aber heraus, dass das neue Gesetz stattdessen auf andere legislative Instrumente verweist, mit denen MenschenrechtsverteidigerInnen und NGO-Mitarbeitende weiterhin unter sehr vagen Vorwürfen verhaftet und verurteilt werden können. Zu diesen Gesetzen gehört zum Beispiel das sogenannte Anti-Terrorismus-Gesetz.
Damit steht das neue NGO-Gesetz genauso wie das Gesetz 70/2017 im Widerspruch zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen Ägyptens, insbesondere zum Uno-Zivilpakt ICCPR, zur afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker sowie zur arabischen Charta der Menschenrechte.