Den beiden Influencerinnen mit mehreren Millionen Follower*innen wird unter anderem kommerzielle Ausbeutung und Menschenhandel vorgeworfen. Sie sollen andere junge Frauen dazu angestiftet haben, «unanständige» Inhalte in den Sozialen Medien zu verbreiten, um damit Geld zu verdienen.
In den Videos finden sich aber keine Inhalte, die eine Verbindung zum Menschenhandel zeigen würde. Vielmehr findet die strafrechtliche Verfolgung der beiden Frauen vor dem Hintergrund des harten Vorgehens der Behörden gegen die Meinungsfreiheit von Frauen in Ägypten statt.
Ein weiteres Ziel der Behörden ist die Kontrolle darüber, wie sich Frauen im Internet zu verhalten haben. Während der Urteilsverkündung brachte der vorsitzende Richter offen seine Voreingenommenheit und Feindseligkeit gegenüber den beiden Influencer*innen zum Ausdruck. Er beschuldigte sie, die Moral der Nation in den Schmutz zu ziehen und warnte davor, Soziale Medien zu nutzen, um Ägyptens Werte zu untergraben. Bis heute haben die Rechtsbeistände der Frauen keine schriftliche Urteilsbegründung erhalten.
Hanin Hossam und Mawada el-Adham sitzen derzeit im Frauengefängnis al-Qanater hinter Gittern. Helfen Sie mit und fordern Sie jetzt die Freiheit der beiden jungen Frauen.
Hintergrund
Seit April 2020 sind die ägyptischen Behörden verschärft gegen Social-Media-Influencer*innen vorgegangen. Sie überwachen das Internet, weibliche Körper und das Verhalten von Frauen und untergraben damit auch eine Möglichkeit, einen unabhängigen Lebensunterhalt bestreiten zu können. In den letzten Monaten haben die ägyptischen Behörden mindestens zehn TikTok-Influencer*innen festgenommen und strafrechtlich verfolgt. Sie sollen gegen das drakonische Cyberkriminalitäts-Gesetz andere sehr vage gesetzliche Bestimmungen in Bezug auf «Anstand» und «Anstiftung zur Unmoral» verstossen haben. Alle Angeklagten haben eine grosse Anzahl Follower in den Sozialen Medien. Neun der zehn Frauen wurden zu Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren und zu hohen Geldstrafen verurteilt. Die Festnahmen der Influencerinnen erfolgten entweder nach Beschwerden von hauptsächlich männlichen Online-Autoren, oder Ermittlungen des Amts für Moral, das dem ägyptischen Innenministerium untersteht.