Malik Medjnoun wurde aufgrund von «Geständnissen» von Abdelhakim Chenoui verhaftet. Dieser ist ebenfalls aufgrund der Anschuldigung, an der Ermordung von Lounes Matoub beteiligt gewesen zu sein, in Haft. Er hat später ausgesagt, dass er sein «Geständnis» unter Zwang und der Drohung neuerlicher Folter gemacht hat.
In den sieben Monaten nach seiner Verhaftung wurde Malik Medjnoun durch den Geheimdienst (Département du renseignement et de la sécurité DRS) ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten. Seinem Anwalt sagte er später, dass er in der vom DRS geführten Kaserne von Antar bei Alger wiederholt gefoltert worden ist, unter anderem mit mit Schlägen, Elektroschocks und Nahrungsentzug. Er musste nachher hospitalisiert werden.
2004 hat der Vater von Malik Medjnoun beim Menschenrechtskommittee der UNO Klage eingereicht und dabei die Folterungen seines Sohnes sehr detailliert beschrieben. Im Juli 2006 hat das Kommittee entschieden, dass Malik Medjnoun unverzüglich vor Gericht gebracht oder aber freigelassen werden müsse. Es hat auch festgehalten, dass die Vorwürfe über erlittene Folter zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen sind. Zudem empfahl es, Malik Medjnoun für die erlittenen Misshandlungen zu entschädigen sei. Es gibt keinerlei Hinweise, wonach die algerische Regierung dem Urteil des Menschenrechtskommittees irgendwie Rechnung getragen hätte; Malik Medjnoun blieb weiterhin ohne Gerichtsurteil in Haft.
Amnesty International ist sehr besorgt über die fortgesetzte Inhaftierung von Malik Medjnoun. Die Organisation verlangt, dass unverzüglich ein ziviles Gericht unverzüglich unter Achtung internationaler Standards darüber entscheidet, ob er weiterhin in Haft verbleiben muss oder aber freizulassen ist. Amnesty International fordert des weiteren eine unabhängige Untersuchung über die Umstände seiner Verhaftung und Geheimhaft durch die DRS sowie über die Vorwürfe betreffend Folter und Misshandlung. Schliesslich müssen die Verantwortlichen vor Gericht gestellt und Malik Medjnoun für das erlittene Unrecht entschädigt werden.
Hintergrund
Am 25. Juni 1998 wurde der bekannte berberische Sänger Matoub Lounes in der Kabilei bei einem Angriff auf sein Auto ermordet; seine Ehefrau und deren Schwestern wurden dabei schwer verletzt. Der Sänger, der sich zuvor vorwiegend in Frankreich aufgehalten hatte, war ein Kritiker sowohl der Regierung als auch der Islamisten und setzte sich für die kulturellen Rechte der Berber ein. Obschon die Ermordung Matoub Lounes’ weltweit grosse Aufmerksamkeit weckte, haben es die Behörden unterlassen, selbst grundlegendste Ermittlungen wie eine gerichtsmedizinische Untersuchung, die Sicherstellung von Beweismitteln oder die Anhörung von Zeugen vorzunehmen. Dennoch liessen sie verlauten, Matoub Lounes sei durch Mitglieder bewaffneter Gruppierungen getötet wurden, und sie nahmen Malik Medjnoun und Abdelhakim Chenoui unter dem Vorwurf des Mordes sowie der Verwicklung in terroristische Aktivitäten fest. Die Ermordung von Matoub Lounes wurde in der Kabilei der Regierung zur Last gelegt und löste regierungsfeindliche Demonstrationen aus. Die Angehörigen des Sängers fordern bis heute die Eröffnung einer umfassenden und unabhängigen Untersuchung.
In Algerien herrscht gegenüber aktuellen und vergangenen Menschenrechtsverletzungen ein Klima fast totaler Straflosigkeit. Der interne Konflikte in den 90-er-Jahren forderte nach Schätzungen der Regierung rund 200'000 Todesopfer. Die systematischen Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen und die Sicherheitskräfte wurden grossmehrheitlich nie untersucht. Vielmehr zementierte die Regierung mittels umfassender Amnestiegesetze die Straflosigkeit.
Mehr Informationen im ausführlichen Amnesty-Bericht (französisch)