Ein leerer Wassertank und ein sabotierter Bewässerungsbrunnen auf einer verlassenen Farm in der Nähe der Stadt Sinune nördlich des Berges Sinjar. Ein Bauer von einem benachbarten Bauernhof erzählte Amnesty International, dass nur fünf der zehn Familien, die früher im Dorf lebten, zurückgekehrt seien. © Alice Martins
Ein leerer Wassertank und ein sabotierter Bewässerungsbrunnen auf einer verlassenen Farm in der Nähe der Stadt Sinune nördlich des Berges Sinjar. Ein Bauer von einem benachbarten Bauernhof erzählte Amnesty International, dass nur fünf der zehn Familien, die früher im Dorf lebten, zurückgekehrt seien. © Alice Martins

Irak Kriegsverbrechen des IS: Politik der verbrannten Erde gegen Jesidinnen und Jesiden

12. Dezember 2018
Tausendfachen Mord, Folter und Versklavung hat der so genannte Islamische Staat am Volk der Jesiden verübt. In einem neuen Bericht dokumentiert Amnesty International, wie der IS gezielt auch die Lebensgrundlage der Jesiden – Kulturland, Brunnen und Bewässerungsanlagen – zerstörte, was eine Rückkehr der Vertriebenen bis heute verunmöglicht.

Ein Jahr, nachdem die irakische Regierung den militärischen Sieg über den so genannten Islamischen Staat (IS) erklärte, beleuchtet Amnesty International im Bericht «Dead Land: Islamic State’s Deliberate Destruction of Iraq’s Farmland», wie der IS die Lebensgrundlagen der vertriebenen jesidischen Bevölkerung zerstörte: Bewässerungsanlagen wurden demoliert, landwirtschaftliche Kulturen und Obstgärten vernichtet, Vieh und Maschinen gestohlen. Zudem legte der IS Landminen aus und vergiftete Brunnen mit Öl. Damit sollte verhindert werden, dass Jesidinnen und Jesiden auf ihr Land zurückkehren konnten.

Diese Taktik der verbrannten Erde war Bestandteil des Vernichtungsfeldzugs des IS gegen die Jesidinnen und Jesiden im Nordirak 2014, als Männer und Knaben ermordet und Tausende von Frauen und Kindern missbraucht und in die Sklaverei verkauft worden waren. Die systematische Zerstörung der landwirtschaftlichen Lebensgrundlagen – ein Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – verunmöglicht eine Rückkehr vieler Überlebender, die damals in die Sinjar-Berge fliehen konnten, bis heute.

Wiederaufbau im ländlichen Raum dringlich

Der Krieg zwischen der irakischen Regierung und dem IS hat nicht nur im Gebiet um die Sinjar-Berge verheerende Spuren hinterlassen: So ist die landwirtschaftliche Produktion des Irak heute geschätzte 40 Prozent tiefer als vor dem Krieg. Nur noch rund 20 Prozent der Bauern und Bäuerinnen haben Zugang zu Bewässerung, vormals waren es zwei Drittel. Die Zerstörungen im ländlichen Raum sind ebenso weitreichend wie die in Städten wie Mossul. In den Anstrengungen zum Wiederaufbau wurde die ländliche Bevölkerung bislang aber weitgehend vergessen und sich selbst überlassen.

Amnesty International fordert deshalb die irakische Regierung auf, sich im Rahmen des 2018 verabschiedeten Wiederaufbauplans vermehrt  auch um den ländlichen Raum zu kümmern. Die systematische Vernichtung der dortigen Lebensgrundlagen durch den IS muss zudem in die Berichte des 2017 ins Leben gerufenen Uno-Untersuchungsteams zu den Kriegsverbrechen im Irak einfliessen.