Abdolfattah Soltani Iranischer Menschenrechtsverteidiger freigelassen

7. September 2009
Der iranische Anwalt und Menschenrechtsverteidiger Abdolfattah Soltani wurde auf Kaution aus dem Gefängnis entlassen. Er war kurz nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Juni 2009 festgenommen worden.

Abdolfattah Soltani © Privat Abdolfattah Soltani © Privat

Abdolfattah Soltani wurde am 26. August 2009 gegen eine Kaution von umgerechnet 100'000 Franken in Form von Besitzurkunden freigelassen. Man hatte ihn im Teheraner Evin-Gefängnis festgehalten. Während der Inhaftierung konnte ihn seine Familie mindestens einmal besuchen und er durfte mehrere Male mit ihnen telefonieren. Bei seiner Freilassung soll es ihm gesundheitlich den Umständen entsprechend gut gegangen sein.

Abdolfattah Soltani ist Mitglied des Zentrums für MenschenrechtsverteidigerInnen (Centre for Human Rights Defenders - CHRD). Er war am 16. Juni, kurz nach dem umstrittenen Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni 2009, gegen 16 Uhr in seiner Kanzlei im Zentrum von Teheran festgenommen worden.

Am 21. August 2009 wandte sich die Ehefrau von Abdolfattah Soltani in einem Brief an die Oberste Justizautorität Ayatollah Sadegh Larijani und bat ihn um ein unparteiisches und unabhängiges Vorgehen und um die Freilassung ihres Mannes. Presseberichten vom 22. August zufolge betraten Angehörige des Büros des Staatsanwalts seine Einzelzelle und drohten ihm mit einer langen Gefängnisstrafe, wenn er seine Verbindungen zum CHRD und zur Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi, ebenfalls Gründerin des Zentrums, beibehalten und weitere Interviews zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen geben würde.

Das CHRD wurde 2002 von der Anwältin Shirin Ebadi und vielen anderen führenden MenschenrechtsverteidigerInnen gegründet. Im Dezember 2008, kurz vor einer Veranstaltung anlässlich des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wurde das Zentrum von den Behörden geschlossen. Das CHRD, dessen Mitglieder weiter unter diesem Namen aktiv sind, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Menschenrechtsverletzungen im Iran zu berichten, politische Gefangene kostenfrei anwaltlich zu vertreten und die Angehörigen von politischen Gefangenen zu unterstützen.

Hintergrundinformationen

Abdolfattah Soltani war 2005 festgenommen worden und verbrachte 219 Tage im Gefängnis, davon 43 in Einzelhaft. 2006 verurteilte man ihn zu fünf Jahren Haft. Er erhielt vier Jahre Haft wegen der «Offenlegung vertraulicher Unterlagen» und ein Jahr aufgrund von «Propaganda gegen das System». Am 28. Mai 2007 wurde er von allen gegen ihn seit seiner Festnahme im Juli 2005 vorgebrachten Anklagen freigesprochen.

Abdolfattah Soltani wollte sich 2008 in das Direktorium der iranischen Anwaltskammer wählen lassen. Seine Kandidatur wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dies sei «unangemessen».

In den Tagen nach dem 13. Juni, als bekannt gegeben wurde, dass der amtierende Präsident Mahmoud Ahmadinejad die Wahl gewonnen hatte, nahmen hunderttausende IranerInnen an grossen und im allgemeinen friedlichen landesweiten Demonstrationen teil, bei denen der Wahlausgang angezweifelt wurde. Die iranischen Behörden reagierten umgehend mit der drastischen Einschränkung der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und der häufigen Unterbrechung der Kommunikationsmöglichkeiten per Telefon und Internet. Darüber hinaus ist es den iranischen Medien untersagt, Informationen über die im ganzen Land schwelenden Unruhen zu veröffentlichen. Ausländische JournalistInnen wurden von den Strassen verbannt, ihre Visa nicht verlängert, und einige wurden festgenommen oder des Landes verwiesen.

Als Reaktion auf die Massenproteste wurden Sicherheitskräfte, unter ihnen auch die paramilitärische Basij-Miliz, verstärkt in den Strassen eingesetzt, und etwa 4000 Personen wurden in den drei bis vier Wochen nach der Wahl am 12. Juni festgenommen. Unter ihnen befanden sich bekannte politische Persönlichkeiten, die den Präsidentschaftskandidaten Hossein Mussawi oder Mehdi Karroubi oder dem ehemaligen Präsidenten Khatami, der Mousavi im Wahlkampf unterstützt hatte, nahe stehen. Auch MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen wurden festgenommen. Den Inhaftierten werden lediglich Besuche ihrer Angehörigen gestattet, Zugang zu einem Rechtsbeistand erhalten sie jedoch nicht.