Zu den Freigelassenen gehören Dr. Arash Alaei, Milad Asadi und Mohammad Pour Abdollah, für deren Freilassung Amnesty International sich eingesetzt hatte. Die meisten Freigelassenen hatten mehr als die Hälfte ihrer Strafe verbüsst und kamen so für eine Begnadigung in Frage. Offizielle Medien berichteten, dass 1218 weitere Gefangene in einem separaten Erlass ebenfalls begnadigt wurden.
Viele weitere noch in Haft
Trotzdem bleiben viele andere Gewissensgefangene weiterhin in Haft, oft in überfüllten Gefängnissen. Die schlechten Haftbedingungen führen immer wieder zu schweren Gesundheitsproblemen. Dazu gehören AnwältInnen wie Nasrin Sotoudeh, Mohammad Seyfzadeh, Javid Houtan Kiyan und Mostafa Daneshju; JournalistInnen wie Ahmad Zeidabadi, Abdollah Momeni, Isa Saharkhiz, Bahman Ahmadi Amou’i and Keyvan Samimi (bei ihm wurde vor Kurzem ein Lebertumor diagnostiziert, der möglicherweise nicht behandelt wird); studentische AktivistInnen wie Behareh Hedayat, Majid Tavakkoli, Zia Nabavi, Ashkan Zahabian und Mahdieh Golrou.
Auch Menschenrechts- und Minderheiten-AktivistInnen sind weiterhin in Haft, wie z.B. Abolfazl Abedini Nasr (ehemaliger Sprecher der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Activists in Iran“), Mohammad Sadiq Kabudvand (ein Angehöriger der kurdischen Minderheit und Gründer der Human Rights Organisation of Kurdistan), Ronak Safazadeh (ebenfalls Angehörige der kurdischen Minderheit) und Sa’id Metinpour (ein Angehöriger der Azeri-Minderheit, der mehr kulturelle und sprachliche Rechte für seine Gemeinschaft gefordert hatte).
Weiter in Haft sind Frauenrechtlerinnen wie Alieh Aghdam-Doust, Mahboubeh Karami, Maryam Bidgoli und Maryam Bahreman, PolitaktivistInnen wie Mohsen Mirdamadi, Behzad Nabavi, Abdollah Ramazanzadeh and Heshmatollah Tabarzadi, GewerkschaftsaktivistInnen wie der Lehrer Rasoul Bodaghi und die Angehörigen der Busfahrergewerkschaft Ebrahim Madadi und Reza Shahabi.
Auch Angehörige religiöser Minderheiten werden als Gewissensgefangene festgehalten, wie z.B. sieben Führungspersönlichkeiten der Baha’i-Gemeinschaft. Sie waren wegen angeblicher „Spionage“ zu zwanzig Jahren Haft verurteilt worden, eine Anklage, die sie zurückweisen. Auch der christliche Pastor Yousef Naderkhani sitzt weiterhin im Gefängnis; sein Todesurteil wegen „Apostasie“ wurde vom Obersten Gericht zwar kassiert, in einem neuen Prozess könnte jedoch wieder ein Todesurteil verhängt werden.
Zudem werden weiterhin Personen aufgrund von politischen Ansichten und Aktivitäten festgenommen: die Gewerkschaftsaktivisten Shahrokh Zamani, Nima Pour Yaghoub, Sassan Vahebivash, Mohammad Jarahi and Sayed Boyuk Sayedlar waren alle im Juni 2011 aufgrund verschiedener Anklagen im Zusammenhang mit ihren Verbindungen zu einer Arbeitergruppe festgenommen worden. Sassan Vahebivash und Sayed Boyuk Sayedlar wurden Berichten zufolge am 20. August 2011 auf Kaution freigelassen.
Einige der Festgenommenen werden unter Bedingungen festgehalten, die mit zwangsweisem Verschwindenlassen gleichgesetzt werden können. Z.B. wurde Ali Reza Sepahi Laeen, ein Dichter und Angehöriger der kurdischen Minderheit, der in der Öffentlichkeitsarbeit der Ferdowsi-Universität in Mashhad arbeitete, am 30. Juli 2011 zuhause in Mashhad verhaftet. Seit dem 27. August hat seine Familie keine Informationen mehr über seinen Aufenthaltsort. Da Ali Reza Sepahi Laeen Diabetiker ist, ist seine Familie in grosser Sorge um seinen Gesundheitszustand.
Weiteren Berichten zufolge wurden Dutzende von UmweltaktivistInnen verhaftet, die am 27. August in Demonstrationen in verschiedenen Städten Nordwestirans Sofortmassnahmen gegen die Austrocknung des Orumieh-Sees gefordert hatten. Mindestens drei Personen sollen von Sicherheitskräften getötet worden sein.
Freilassung gefordert
Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von allen Personen in Iran, die ausschliesslich wegen der Ausübung ihres Rechtes auf freie Meinungsäusserung, Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit oder wegen ihres religiösen Glaubens inhaftiert sind. Allen anderen muss unverzüglich Kontakt zu ihrem Anwalt und ihren Familien ermöglicht werden, und sie sollen freigelassen werden, falls ihnen kein Prozess gemacht wird, der den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
Hintergrund
Dr Arash Alaei, ein international anerkannter Experte in der Prävention und Behandlung von HIV/AIDS war nicht politisch aktiv. Er war seit seiner Verhaftung im Juni 2008 in Haft und war nach Monaten der Untersuchungshaft ohne Kontakt zum Anwalt in einem unfairen Verfahren, indem geheime Beweise vorgelegt wurden, die er weder sehen noch anfechten konnte, zu einer sechsjährigen Haftstrafe wegen “Kollaboration mit einer feindlichen Regierung” verurteilt worden. Sein Bruder Kamyar, ungefähr zur selben Zeit und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, wurde nach zweieinhalb Jahren freigelassen. Es wird angenommen, dass sie wegen ihrer Beziehungen zu ausländischen ForscherInnen und Zivilgesellschaflichen Organisationen auch aus den USA festgenommen wurden. Amnesty International betrachtete sie als Gewissensgefangene, die niemals hätten festgenommen werden sollen, und setzte sich zusammen mit zahlreichen Gesundheits- und Menschenrechtsorganisationen für ihre Freilassung.
Milad Asadi, ungefähr 24 Jahre alt, war ein Elektroingenieur-Student an der Khajeh-Nasir-Universität und seit einigen Jahren ein führendes Mitglied des Office for the Consolidation of Unity, einer nationalen Studentenorganisation, die sich für politische Reform und gegen Menschenrchtsverletzungen einsetzt. Er wurde festgenommen, kurz bevor am 7. Dez 2009, dem iranischen „Tag der Studenten“ an verschiedenen Universitäten Massendemonstrationen gegen die Regierung abgehalten wurden. Er wurde während zwei Wochen in einer 2x2m grossen Zelle in Isolationshaft gehalten und wurde ursprünglich zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.
Mohammad Pour Abdollah, ein Student der Universität Teheran mit Verbindungen zur linken Studentenorganisation “Students for Freedom and Equality“, wurde am 12. Februar 2009 in seinem Haus festgenommen. Über einen Monat wurde er im Evin-Gefängnis in Isolationshaft gehalten, danach wurde er am 18. März 2009 ins Ghezel-Hesar-Gefängnis in Karaj westlich von Teheran verlegt. Seine sechsjährige Haftstrafe wegen „Zusammenrottung mit der Absicht die nationale Sicherheit zu untergraben“ und „Propaganda gegen das System“ und „Mitgliedschaf bei Oppositionsgruppen“ wurde in einem Berufungsverfahren auf drei Jahre reduziert.
Unter den kürzlich Freigelassenen befinden sich Berichten zufolge auch Ehsan Abdoh Tabrizi, Laleh Hassanpour, Zahra Jabbari, Kayvan Farzin, Amir Aslani, Sourena Hashemi, Mohsen Ghamin, Arsalan Abadi, Nazanin Hassan Nia, Soussan Tebyanian, Akram Heydarian, Sama Shamlou, Fatemeh Darvish, Ali Behzadian Nejad, Hamid Reza Nojoumi, Abolfazl Ghassemi, Kourosh Ghassemi, Artin Ghazanfari, Gholamreza Azadi, Meysam Roudaki, Amir Hossein Ghanbari, Omid Sharifi Dana, Behnam Ansari, Rouhollah Mirzakhani, Massoud Yazdchi, Mohsen Mokhtari, Sajjad Moradi, Ali Malihi, Fatemeh Khorramjou, Kiarash Kamrani, Hamid Samiei, ein Professor der Universität Isfahan namens Mousavi, Omid Esmailzadeh und Mojtaba Hashemi.