«Der neue Bericht dokumentiert Irans skandalöse Verletzungen der Kinderrechte. Iran ist eines der wenigen Länder, das weiterhin jugendliche Straftäter hinrichtet, obwohl dies gegen das absolute Verbot verstösst, jemanden hinzurichten, der zum Zeitpunkt der Tat jünger als 18 Jahren war,» erklärt Patrick Walder, Verantwortlicher für den Bereich Todesstrafe bei Amnesty International Schweiz. «Trotz einer Justizreform liegt Iran weit hinter dem Rest der Welt zurück und behält Gesetze, die es erlauben selbst neunjährige Mädchen und 15-jährige Jungen zum Tod zu verurteilen.»
«Trotz einer Justizreform liegt Iran weit hinter dem Rest der Welt zurück und behält Gesetze, die es erlauben selbst neunjährige Mädchen und 15-jährige Jungen zum Tod zu verurteilen.» Patrick Walder, Verantwortlicher für den Bereich Todesstrafe bei Amnesty International Schweiz
In den letzten Jahren haben sich die iranischen Behörden mit Änderungen im Islamischen Strafrecht gebrüstet: Gerichte können demnach die Todesstrafe durch andere Strafen ersetzen, entscheidend ist ihre Einschätzung der Reife von jugendlichen Straftäterinnen und Straftäter. Diese Reform ist allerdings kein Grund zur Freude, im Gegenteil: sie bestätigt, dass der Iran weiterhin seine internationalen Verpflichtungen verletzt. Das Land hat vor mehr als zwanzig Jahren die Kinderrechtskonvention ratifiziert, die die Todesstrafe für jugendliche Straftäter verbietet.
Der Amnesty-Bericht «Growing up on death row: The death penalty and juvenile offenders», pdf, 110 Seiten dokumentiert 73 Hinrichtungen von jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern im Iran in den Jahren 2005 bis 2015. Laut Uno-Angaben befinden sich zurzeit mindestens 160 Jugendliche im Todestrakt. Die tatsächlichen Zahlen sind vermutlich deutlich höher, doch Informationen über die Todesstrafe unterliegen im Iran meist der Geheimhaltung.
Amnesty dokumentiert im Bericht die Namen von 49 jugendlichen Straftätern, die auf ihre Hinrichtung warten, und die Namen der Gefängnisse, in denen sie einsitzen. Im Durchschnitt haben die Jugendlichen bereits sieben Jahre im Todestrakt verbracht. Einzelne sassen über zehn Jahre im Todesstrakt. In einigen Fällen wurden bereits Hinrichtungstermine festgesetzt und dann in letzter Minute wieder verschoben, was die Grausamkeit noch verschärft.
«Der Amnesty-Bericht zeigt ein erschreckendes Bild: Jugendliche Straftäter und Straftäterinnen sitzen jahrelang im Todestrakt, sie werden ihres Lebens beraubt und sie werden oft in unfairen Verfahren zum Tod verurteilt, beispielsweise aufgrund von unter Folter erzwungenen Geständnissen.»
Fatima Salbehi wurde im Oktober 2015 hingerichtet, weil sie ihren Ehemann getötet hatte, mit dem sie im Alter von 16 Jahren zwangsverheiratet wurde. Ihr Todesurteil war in einem neuen Verfahren bestätigt worden, das nur wenige Stunden dauerte und bei dem sich die psychologischen Untersuchungen auf ein paar wenige Fragen beschränkte, wie zum Beispiel ob sie bete oder religiöse Bücher gelesen habe.
Viele Länder nehmen zurzeit wieder diplomatische Beziehungen mit dem Iran auf. Amnesty International fordert diese Staaten auf, ihre Verbindungen zu nutzen und die iranischen Behörden aufzufordern, sämtliche Todesurteile von jugendlichen Straftätern in Haftstrafen umzuwandeln.