«Die Geheimhaltungspolitik und die mangelnde Transparenz über das, was mit diesen Häftlingen geschah, ist alarmierend. Anstatt voreilig zu erklären, dass sich die fünf selbst umgebracht hätten, müssen die Behörden sofort eine unabhängige, unparteiische und transparente Untersuchung einleiten, die auch eine unabhängige Autopsie umfasst», sagte Magdalena Mughrabi, stellvertretende Leiterin Amnesty International für den Bereich Naher Osten und Nordafrika.
«Wir dokumentieren seit langem die albtraumhaften Zustände in iranischen Hafteinrichtungen, auch den Einsatz von Folter. Alle, die für die Todesfälle verantwortlich sein könnten, sollten vorerst suspendiert werden. Sie müssen in einem Verfahren vor Gericht gestellt werden, das den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entspricht und in dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.»
«Wir dokumentieren seit langem die albtraumhaften Zustände in iranischen Hafteinrichtungen.»
Magdalena Mughrabi, stellvertretende Leiterin Amnesty International für den Bereich Naher Osten und Nordafrika.
Nach dem Tod des 23-jährigen Sina Ghanbari hat die Sorge über das Wohlergehen Hunderter Inhaftierter weiter zugenommen. Der Demonstrant war im «Quarantänebereich» des Teheraner Evin-Gefängnisses festgehalten worden. Dort werden Inhaftierte unmittelbar nach ihrer Festnahme untergebracht, während über das weitere Vorgehen entschieden wird. Die Berichte zu den Umständen von Sina Ghanbaris Tod sind widersprüchlich: Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger zweifeln die Behauptung der Behörden an, dass er sich selbst getötet habe.
Laut der bekannten Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh wurden seitdem vier weitere Todesfälle in Gewahrsam der Sicherheitsorgane bekannt, zwei davon im «Quarantänebereich» des Evin-Gefängnisses. Die Identität dieser beiden Toten ist noch nicht geklärt. Mindestens zwei weitere Personen, die während der Niederschlagung der Proteste festgenommen wurden – Vahid Heydari und Mohsen Adeli – starben Berichten zufolge im Januar in Arak, in der Provinz Markazi, und in Dezfoul, in der Provinz Khuzestan. Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger und Familienangehörige zweifeln in allen vier Fällen die offizielle Behauptung an, dass sich die Inhaftierten selbst getötet hätten.
Einschüchterung statt Auskünfte
Zahlreiche Familienangehörige der vielen Hundert Inhaftierten berichten, dass sie keine Auskunft über ihre inhaftierten Angehörigen erhalten. Stattdessen seien sie von den Behörden bedroht und eingeschüchtert worden, und das nur, weil sie Fragen gestellt hatten.
«Die iranischen Behörden müssen die Angehörigen nicht nur über den Verbleib der Inhaftierten informieren, sondern auch Besuche durch Familienangehörige zulassen und eine rechtliche Vertretung sicherstellen. Niemand sollte Vergeltungsmassnahmen ausgesetzt sein, weil er sich nach dem Verbleib einer geliebten Person erkundigt oder deren Schicksal aufklären möchte», betonte Magdalena Mughrabi.