Fotos von Gefangenen, die 1988 ermordet worden sind © privat
Fotos von Gefangenen, die 1988 ermordet worden sind © privat

Iran Verantwortliche für Massaker an Gefangenen in höchsten Stellen von Regierung und Justiz

Medienmitteilung 4. Dezember 2018, London/Bern – Medienkontakt
1988 wurden Tausende von Gefangenen ohne Verfahren ermordet. Diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind nach wie vor ein Tabu im Iran. Dies liegt auch daran, dass einige der Verantwortlichen heute höchste Stellen im Regierungs- und Justizapparat besetzen, unter ihnen der Justizminister.

Im neuen Bericht «Blood-soaked secrets: Why Iran’s 1988 prison massacres are ongoing crimes against humanity» beschreibt Amnesty International, wie 1988 mindestens 5000 Gefangene gezielt ermordet worden sind, um jeden politischen Dissens zu ersticken. In ganz Iran wurden damals Gefangene – mit verbundenen Augen und gefesselt – gruppenweise vor so genannte «Todeskommissionen» gebracht und im Geheimen exekutiert. Für den Bericht hat Amnesty ausführliche Interviews mit über 100 Angehörigen mutmasslich Hingerichteter und überlebenden Gefangenen geführt sowie umfassende Auswertungen von Archivmaterial aller Art vorgenommen.

Vertuschung und Einschüchterung

Der Bericht dokumentiert auch, wie die iranischen Behörden in den vergangenen 30 Jahren versucht haben, die Massaker zu leugnen und vertuschen. Dabei wurden Angehörige mutmasslicher Opfer drangsaliert und eingeschüchtert sowie Massengräber zerstört. «Die Tatsache, dass das iranische Regime es den Angehörigen bis heute verwehrt, etwas über das Schicksal der damals Verschwundenen zu erfahren, bringt unfassbares Leid über viele Familien. Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit dauern damit bis heute an», so Philip Luther, Amnestys Research- und Advocacy-Direktor für den Nahen Osten.  

Der heutige Justizminister 1988 Mitglied einer «Todeskommission»

Gleichzeitig ist bis heute niemand für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden; vielmehr bekleiden etliche Verantwortliche heute höchste Positionen im Regierungs- und Justizapparat. Dies betrifft etwa den heutigen Justizminister Alireza Avaei, der damals in der Provinz Khusestan als Staatsanwalt und Mitglied der «Todeskommission» amtierte oder sein Amtsvorgänger im Justizministerium, Mostafa Pour Mohammadi, der 1988 als Vertreter des Geheimdienstes in der «Todeskommission» in Teheran sass.

Amnesty fordert internationale Untersuchung

Amnesty International ruft die iranischen Behörden auf, die Massaker umfassend aufzuarbeiten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und den Angehörigen zu gestatten, die Hingerichteten mittels Zugang zu Massengräbern und DNA-Analysen zu identifizieren, sowie sie für das Erlittene zu entschädigen. 

Auch die Uno hat bis heute darin versagt, die Massaker auf die internationale Traktandenliste zu setzen. Amnesty fordert die Uno auf, einen unabhängigen und effektiven Mechanismus zur Aufarbeitung und Ahndung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Iran 1988 zu schaffen. 

Mehr Informationen zu den Details dieser Verbrechen gegen die Menschlichkeit, den Hintergründen, der umfassenden Negierung und Vertuschung, den Untersuchungsmethoden von Amnesty sowie die Namen weiterer Verantwortlicher im Bericht sowie in der internationalen Medienmitteilung (englisch).