Iran, ein Jahr nach der Protestwelle Gnadenlose Repression, mehr als 7000 Verhaftete

24. Januar 2019
Ein Jahr, nachdem Iranerinnen und Iraner gegen die wirtschaftliche Misere, gegen Korruption und Bevormundung auf die Strasse gingen, zieht Amnesty International eine niederschmetternde Bilanz: In einer beispielslosen Repressionskampagne zur Niederschlagung der Proteste sind über 7000 Personen verhaftet worden, unter ihnen Vertreter religiöser und ethnischer Minderheiten, GewerkschafterInnen, Frauenrechtsaktivistinnen, Journalisten und Studierende.

Amnesty International veröffentlicht neue Zahlen, welche das Ausmass der Repression zeigen, mit der das iranische Regime auf die Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 ausgebrochenen landesweiten Proteste reagierte. Mindestens 26 Demonstrierende wurden erschossen und Hunderte zu Gefängnis- und/oder Prügelstrafen verurteilt. Im Verlaufe des Jahres 2018 sind mindestens 7000 Menschen verhaftet worden, neun von ihnen sind im Gefängnis unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen.

«2018 wird als ‘Jahr der Scham’ in die iranische Geschichte eingehen. Während des ganzen Jahres hat das Regime versucht, die Proteste zu ersticken, indem es die Meinungs- und Versammlungsfreiheit noch stärker eingeschränkt und Massenverhaftungen von Demonstrierenden vorgenommen hat», so Philip Luther, Verantwortlicher für Research und Advocacy zu Nahost und Nordafrika.

Medienschaffende, Frauen, Arbeiter und Gewerkschafter

Ins Fadenkreuz genommen wurden neben JournalistInnen und Studierenden auch Personen, welche über den Messenger-Dienst Telegram Informationen über die Demonstrationen verbreitet hatten.  Mindestens 112 Frauenrechtsverteidigerinnen wurden verhaftet oder verblieben in Haft, unter ihnen auch mutige Frauen, welche eine Protestbewegung gegen den Verschleierungszwang auf die Beine stellten. Betroffene berichteten von grotesk unfairen Prozessen, Einzelhaft, Folter und Misshandlung. Ebenso repressiv gingen und gehen die Sicherheits- und Justizorgane gegen UmweltaktivistInnen und Forscher sowie gegen demonstrierende Arbeiter und GewerkschaftsvertreterInnen vor. 

Verstärkte Unterdrückung religiöser und ethnischer Minderheiten

2018 stand auch im Zeichen einer verschärften Repression gegen religiöse und ethnische Minderheiten.  Besonders betroffen waren nach einem friedlichen Protest im Februar Angehörige des grössten Sufi-Ordens (Gonabadi Derwische): Über 200 Personen wurden zu insgesamt 1080 Jahren Haft und 5995 Peitschenhieben verurteilt, Mohammed Salas wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Auch mindestens 171 Christinnen und Christen sind 2018 aufgrund ihrer friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Glaubensfreiheit verhaftet worden, ebenso wie Angehörige der systematisch verfolgten religiösen Minderheit der Baha’i und Mitglieder ethnischer Minderheiten der Ahwazi, Kurden, Aserbaidschaner, Turkmenen und Beluschen. Genauere Zahlen und detailliertere Angaben zu den Hintergründen der Repression finden sich in der internationalen Medienmitteilung (englisch)

Amnesty International fordert all jene Regierungen, welche in einem Dialog mit Iran stehen, auf, die präzedenzlose Repression mit klaren Worten anzuprangern und die Freilassung all jener zu fordern, die allein aufgrund dessen in Haft sind, weil sie von ihren Rechten auf freie Meinungsäusserung, Versammlung oder Religionsfreiheit Gebrauch gemacht haben.