Der 34-JährigeReza (Gholamreza) Rasaei war im Zusammenhang mit den Protesten «Frau Leben Freiheit» zum Tode verurteilt worden. Er gehörte der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an.
«Während sich die Aufmerksamkeit der internationalen und nationalen Medien auf die bewaffneten Auseinandersetzungen und regionalen Spannungen rund um Israel konzentriert, haben die iranischen Behörden die willkürliche Hinrichtung eines jungen Mannes im Geheimen vollzogen», sagt Diana Eltahawy, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International. «Er wurde in der Haft gefoltert und anderweitig misshandelt, erfuhr sexualisierte Gewalt und wurde schliesslich in einem Scheinprozess zum Tode verurteilt.»
Beerdigung unter Zwang und Aufsicht
Reza (Gholamreza) Rasaei wurde am 6. August 2024 um 5 Uhr morgens Ortszeit im Gefängnis von Dizel Abad in der Provinz Kermanshah willkürlich und heimlich hingerichtet. Nach Informationen, die Amnesty International von einer vertrauenswürdigen Quelle erhalten hat, haben die Behörden weder Reza Rasaei noch seine Familie oder seinen Rechtsbeistand vorher informiert. Nur wenige Stunden, nachdem sie seine Familie über seine Hinrichtung informiert hatten, zwangen die Behörden seine Angehörigen, seinen Leichnam in einem abgelegenen Gebiet weit weg von seinem Zuhause und in Anwesenheit von Sicherheitskräften zu begraben.
«Die Hinrichtung zerstreut alle Illusionen über Fortschritte im Bereich der Menschenrechte, nachdem der neue Präsident sein Amt angetreten hat.» Diana Eltahawy, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International
«Diese Hinrichtung zeigt einmal mehr, dass das iranische Strafrechtssystem das Recht mit Füssen tritt, und unterstreicht die Entschlossenheit der iranischen Behörden, die Todesstrafe als Mittel der politischen Unterdrückung einzusetzen, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen», so Diana Eltahawy. «Die Hinrichtung zerstreut zudem alle Illusionen über Fortschritte im Bereich der Menschenrechte, nachdem der neue Präsident letzte Woche sein Amt angetreten hat. Die fortgesetzten willkürlichen Hinrichtungen von Demonstrierenden nach den «Frau Leben Freiheit»-Protesten zeigen einmal mehr, dass ohne verfassungsrechtliche, rechtliche und politische Reformen Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit fortbestehen werden. Angesichts dieser Hinrichtungen müssen sich andere Staaten in der Verantwortung sehen, strafrechtliche Ermittlungen nach dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit gegen alle Personen einzuleiten, die der strafrechtlichen Verantwortung für Verbrechen unter dem Völkerrecht verdächtigt werden, einschliesslich hochrangiger iranischer Behördenvertreter.»
Hintergrund
Reza Rasaei war in einem äusserst unfairen Prozess am 7. Oktober 2023 zum Tode verurteilt worden. Das Verfahren stützte sich auf seine unter Folter mit Elektroschocks, der Herbeiführung von Beinahe-Ersticken und sexualisierter Gewalt erzwungenen «Geständnisse». Reza Rasaei ist die 10. Person, die im Zusammenhang mit den Protesten «Frau Leben Freiheit» hingerichtet wurde.
Nach diesen Protesten haben die iranischen Behörden die Anwendung der Todesstrafe verschärft. Im Jahr 2023 wurden mindestens 853 Hinrichtungen verzeichnet. Im Jahr 2024 haben die Behörden des Iran die Exekutionen fortgesetzt und bis zum 30. Juni 2024 mindestens 274 Todesurteile vollstreckt. Diese Angaben stammen von der Organisation Abdorrahman Boroumand Centre for Human Rights in Iran.
Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften der Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Die Organisation fordert die iranischen Behörden seit langem auf, ein Moratorium für Hinrichtungen zu erlassen, mit dem Ziel, die Todesstrafe abzuschaffen.