Fünf Mitglieder einer Siedlerfamilie wurden am Freitag, dem 11. März 2011, in ihrem Haus in der Westbanksiedlung Itamar in der Nähe von Nablus erstochen. Berichten zufolge haben israelische Siedler daraufhin seit Samstagmorgen Steine, Molotow-Cocktails, Gewehre, Stöcke und Messer benutzt, um PalästinenserInnen in Fahrzeugen und Wohnhäusern in den Dörfern und Städten der gesamten Westbank anzugreifen. Die SiedlerInnen sind auch dazu übergegangen, Felder, Autos und anderen palästinensischen Besitz in Brand zu setzen. PalästinenserInnen berichteten in einigen Fällen davon, dass die israelischen Sicherheitskräfte vor Ort nichts unternahmen, um die Angriffe zu stoppen. Zudem gibt es Meldungen, dass das israelische Militär über das Dorf Awarta, das nahe bei Itamar liegt, seit Samstagmorgen eine Ausgangssperre verhängt hat und nun dabei ist, rund 300 EinwohnerInnen des Dorfes zu inhaftieren.
«Die Ermordung der Siedlerfamilie verurteilen wir zutiefst. Es muss eine unverzügliche und wirksame Untersuchung stattfinden, um herauszufinden, wer sich an dieser Tat beteiligt hat, und um sicherzustellen, dass diese Personen in einem fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden», sagte Philip Luther, Amnesty Internationals stellvertretender Leiter der Abteilung Nahost und Nordafrika. «Die israelischen Sicherheitskräfte müssen verhindern, dass bewaffnete israelische SiedlerInnen weitere Vergeltungsaktionen gegen palästinensische ZivilistInnen durchführen. Die für die Angriffe Verantwortlichen sind juristisch zur Rechenschaft zu ziehen.»
Im Gegenzug Ausbau von Siedlungen bewilligt
Als Reaktion auf die Tötung der Siedlerfamilie genehmigte das israelische Kabinett zudem am Sonntag den Bau von 500 zusätzlichen Wohneinheiten in Siedlungen in der Westbank. «Der Zeitpunkt dieser Ankündigung weiterer Siedlungsbauten wurde ganz bewusst gewählt. Es kann jedoch nicht angehen, dass israelische Behörden die beklagenswerte Ermordung der Siedlerfamilie nun als Vorwand für Aktivitäten benutzen, die dem humanitären Völkerrecht widersprechen», so Philip Luther. «Amnesty International hat die israelischen Behörden bereits mehrfach dazu aufgerufen, als ersten Schritt in Richtung einer vollständigen Entfernung der illegalen israelischen Siedlungen aus den besetzten palästinensischen Gebieten den weiteren Siedlungsbau zu beenden.» Israels Politik der Einrichtung von Siedlungen in der besetzten Westbank, einschliesslich Ost-Jerusalem, verstösst gegen die Vierte Genfer Konvention.
Hintergrundinformationen
Die Ermordung der fünf Mitglieder der Sielderfamilie Fogel – des Ehepaars Udi, 37, und Ruth, 36, sowie ihrer drei Kinder Yoav, 10, Elad, 4, und des erst drei Monate alten Hadas ist von der Palästinensischen Autonomiebehörde verurteilt worden. Die für diese Attacke verantwortlichen Täter konnten noch nicht ermittelt werden. Die allgemein bekannten bewaffneten palästinensischen Gruppen, darunter auch die der Fatah nahe stehenden al-Aqsa Märtyrerbrigaden und die Hamas-nahen Izz al-Din al-Qassam-Brigaden wiesen die Verantwortung für diesen Angriff zurück. Das anfängliche Tatbekenntnis der Gruppe Imad Mughniyya wurde später am Samstag zurückgezogen.