© Ahmed Zaqout/Anadolu via Getty Images
© Ahmed Zaqout/Anadolu via Getty Images

Israel / besetzte palästinensische Gebiete Staaten müssen Suspendierung der UNRWA-Gelder rückgängig machen

Medienmitteilung 30. Januar 2024, London/Bern – Medienkontakt
Die Entscheidung von mindestens neun Geberländern, die Finanzierung des Uno-Hilfswerks (UNRWA) auszusetzen, nachdem einzelne Mitarbeitende in die Anschläge vom 7. Oktober im Süden Israels verwickelt gewesen sein sollen, ist ein verheerender Schlag für die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge im besetzten Gazastreifen. Für sie stellt das Hilfswerk die einzige Lebensgrundlage dar, sagt Amnesty International. Die Organisation fordert die Staaten auf, ihren Entscheid zu revidieren.

«Es ist zutiefst schockierend – ja sogar unmenschlich – dass mehrere Regierungen Entscheidungen getroffen haben, die weiteres Leid über zwei Millionen Palästinenser*innen bringen. Diese sind bereits mit der Gefahr eines Völkermords und einer Hungersnot konfrontiert. Es ist besonders empörend, dass solche Massnahmen aufgrund von Anschuldigungen ergriffen wurden, die 12 der insgesamt 30'000 Mitarbeiter*innen der UNRWA betreffen», sagte Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

«...Es ist besonders empörend, dass solche Massnahmen aufgrund von Anschuldigungen ergriffen wurden, die 12 der insgesamt 30'000 Mitarbeiter*innen der UNRWA betreffen»  Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

«Die Vorwürfe über die Beteiligung von UNRWA-Mitarbeitenden an den Anschlägen vom 7. Oktober sind schwerwiegend und müssen von unabhängiger Seite untersucht werden; jeder, gegen den genügende Beweise vorliegen, sollte in einem fairen Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden. Die mutmasslichen Handlungen einiger weniger Personen dürfen jedoch nicht als Vorwand dienen, um lebensrettende Hilfe einzustellen. Dies könnte einer kollektiven Bestrafung gleichkommen.»

Das Vereinigte Königreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Japan, Finnland, die USA, Australien und Kanada gehören zu den Staaten, die die Finanzierung der Hilfsorganisation ausgesetzt haben. In der Schweiz erklärte das Aussendepartement, dass die für dieses Jahr vorgesehenen Beiträge an das UNRWA erst dann ausgezahlt würden, wenn mehr Informationen über diese schwerwiegenden Vorwürfe vorlägen. Zusammen stellten diese Geberländer 2022 mehr als die Hälfte des UNRWA-Haushalts bereit.

Die Entscheidungen folgen auf Anschuldigungen gegen 12 UNRWA-Mitarbeiter, an den von der Hamas verübten Anschlägen vom 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen zu sein. Das UNRWA hat neun Mitarbeiter wegen dieser Vorwürfe sofort entlassen und eine Untersuchung eingeleitet.

In einer Zeit, in der die Besatzungsmacht Israel ihre Verpflichtungen gegenüber den palästinensischen Flüchtlingen im Gazastreifen und in den übrigen besetzten palästinensischen Gebieten in eklatanter Weise verletzt, ist das UNRWA seit langem die wichtigste humanitäre Stütze. Das Hilfswerk sorgt für unverzichtbare humanitäre Hilfe, Bildung und Unterkunft. Die UNWRA leistet auch dringend benötigte Hilfe für Millionen anderer palästinensischer Flüchtlinge, die in arabischen Nachbarländern leben.

«Norwegen, Spanien, Irland und Belgien gehören zu den Staaten, die angekündigt haben, dass sie die Finanzierung nicht aussetzen werden, da sie die wichtige Rolle anerkennen, die die UNRWA bei der Verteilung humanitärer Hilfe an die Bedürftigen wahrnimmt», sagte Agnès Callamard.

«Es ist eine Schande, dass wichtige Staaten, darunter die Vereinigten Staaten, Kanada, das Vereinigte Königreich, Deutschland und Australien, der wichtigsten Hilfsorganisation für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen den Geldhahn zugedreht haben; dies nur wenige Tage nachdem der Internationale Gerichtshof (IGH) zum Schluss kam, dass das Überleben der Palästinenser*innen in Gaza gefährdet ist», sagte Agnès Callamard.

«Alle Staaten haben die eindeutige Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Massnahmen des IGH umgesetzt werden. Dazu gehört die Aufforderung an Israel, sofortige und wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu gewährleisten und damit einen Völkermord und weiteren nicht wiedergutzumachenden Schaden zu verhindern.»

«Einige der Regierungen, die angekündigt haben, der UNRWA die Mittel zu streichen, haben in der Zwischenzeit die israelischen Streitkräfte weiter aufgerüstet, obwohl es überwältigende Beweise dafür gibt, dass diese Waffen für Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden. Das Einfrieren von Geldern für humanitäre Hilfe auf der Grundlage von Anschuldigungen, die noch untersucht werden, während man sich weigert, die Aussetzung der Unterstützung für das israelische Militär auch nur in Erwägung zu ziehen, zeugt von krasser Doppelmoral», sagte Agnès Callamard.

«Anstatt die lebenswichtigen Unterstützungsgelder für die Bedürftigen auszusetzen, sollten sich die Staaten dafür einsetzen, die Waffenlieferungen an Israel und die bewaffneten palästinensischen Gruppen zu stoppen und auf einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand und einen uneingeschränkten humanitären Zugang zu drängen, um das verheerende Leid zu lindern.»