Das kontroverse Sponsorengesetz sei aufgehoben, liess die katarische Regierung in der Woche vom 13. März verlauten. Damit sei auch die stossende Regelung hinfällig, dass ausländische Arbeitnehmende bei ihren katarischen ArbeitgeberInnen eine Erlaubnis einholen müssen, wenn sie das Land verlassen vollen. Dennoch muss die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) weiterhin ein Auge auf die Ausbeutung von ArbeitsmigrantInnen in Katar behalten, sagte Amnesty International im Vorfeld der wichtigen ILO-Entscheidung vom 21. März 2017 über die Klage der Gewerkschaften gegen den Golfstaat. Amnesty International geht davon aus, dass es derzeit noch keinen Anlass gibt, die Klage gegen Katar fallen zu lassen. Die Organisation fordert, dass die ILO das Beschwerdeverfahren weiterführt.
Unzureichende Reformen
«Als Reaktion auf den Druck der ILO hat die Regierung zwar einige öffentliche Zugeständnisse gemacht, doch die Behauptung, sie habe das Sponsorensystem abgeschafft, entspricht einfach nicht der Realität», sagt James Lynch, Experte für internationale Angelegenheiten bei Amnesty International. «Wenn die ILO die Klage fallen lässt und damit die unzureichenden Reformen in Katar gutheisst, kann das negative Folgen für die Rechte der ArbeitsmigrantInnen in Katar und der übrigen Region haben.»
Seit 2014 untersucht die ILO Missbräuche des Arbeitsrechts in Katar mit speziellem Fokus auf Zwangsarbeit und Arbeitsaufsicht. Der Entwurf eines Beschlusses, der am 21. März 2017 vom ILO-Leitungsgremium geprüft wird, sieht vor, Katar weitere acht Monate für eine angemessene Reform des Gesetzes für ArbeitsmigrantInnen zu gewähren.
Die Regierung von Katar hat im Vorfeld der Entscheidung der ILO eine ganze Reihe von Ankündigungen in Zusammenhang mit dem Arbeitsgesetz gemacht, woraus sich schliessen lässt, dass das Beschwerdeverfahren eine gewisse Wirkung zeigt. Trotzdem haben diese Ankündigungen noch zu keinen wesentlichen Reformen geführt. Der Druck muss aufrechterhalten werden, bis die Versprechen der Regierung in die Tat umgesetzt worden sind.
Neues Arbeitsgesetz
Während das neue Arbeitsgesetz tatsächlich eine Änderung beinhaltet, die grossen Einfluss auf die ArbeitsmigrantInnen haben könnte – die Abschaffung der Regelung, dass ausländische Arbeitskräfte während zwei Jahren nur nach Katar zurückkehren dürfen, um zu arbeiten, wenn ihr früherer Sponsor damit einverstanden ist – ändert sich mit dem Gesetz insgesamt wenig für die ArbeitsmigrantInnen. Die Begriffe «Sponsor» und»-Sponsoring» wurden zwar gestrichen, aber die wichtigsten Elemente der Sponsorensystems, die zur Ausbeutung der ArbeiterInnen führen, bleiben bestehen:
- ArbeiterInnen brauchen weiterhin die Erlaubnis ihres Arbeitgebers, wenn sie innerhalb der Vertragszeit (Dauer bis zu fünf Jahren) die Arbeitsstelle wechseln wollen. Halten sie sich nicht an diese Regelung, droht ihnen eine Strafanzeige wegen «Flucht», was eine Festnahme, Inhaftierung oder die Ausschaffung zur Folge haben kann.
- ArbeitsmigrantInnen benötigen weiterhin die Erlaubnis ihres Arbeitgebers, um das Land zu verlassen. Gemäss Gesetz 1 von 2017 müssen die ArbeiterInnen ihrem Arbeitgeber neu «melden», dass sie das Land verlassen wollen. Dieses «Meldeverfahren» ist vergleichbar mit der bestehenden Ausreiseerlaubnis.
- Leider birgt das neue katarische Arbeitsgesetz eine Gesetzeslücke, die es den Arbeitgebern künftig einfacher machen wird, missbräuchlich Reisepässe einzuziehen: Der Erhöhung der Strafe für den Reisepassentzug steht neu die Erlaubnis gegenüber, die Reisepässe der ArbeiterInnen legal einzuziehen, wenn diese schriftlich einwilligen. Damit erhöht sich das Risiko, dass Arbeitgeber die Pässe missbräuchlich und gegen den Willen ihrer ArbeitnehmerInnen zurückhalten.