Drei Überlebende schilderten, dass Anhänger von al-Gaddafi sie zuerst folterten und sie dann mit 26 weiteren Personen in zwei überfüllte Container sperrten. Der Vorfall ereignete sich am 6. Juni auf einer Baustelle in al-Khums im Nordwesten Libyens, 120 km von Tripolis entfernt.
Bei Temperaturen von über 40 Grad mussten die Eingesperrten ihren eigenen Schweiss und Urin trinken, als der begrenzte Wasservorrat aufgebraucht war. Ihre Bewacher ignorierten ihre Hilferufe.
Bislang gab es keine Berichte über dieses schreckliche Geschehen, weil unabhängige Untersuchungen in al-Khums erst möglich wurden, nachdem der Nationale Übergangsrat am 21. August die Kontrolle über das Gebiet gewonnen hatte. «Das ist ganz offensichtlich eine grausame und inhumane Behandlung von mehrheitlich Zivilpersonen», sagte Diana Eltahawy, Libyen-Expertin von Amnesty International, die zur Zeit für die Organisation in Libyen ermittelt. Die Tötung oder Folter von Gefangenen stellt für jede kriegführende Partei ein Kriegsverbrechen dar.
Luftzufuhr nur durch Schusslöcher
Das Team von Amnesty International hat die beiden betreffenden Metallcontainer untersucht und festgestellt, dass es keine Luftzufuhr gab, sobald die Türen geschlossen waren, ausser durch Schusslöcher in den Wänden. Im grösseren der beiden Container überlebten 10 der 19 Gefangenen, in dem kleineren, 2m x 6m grossen Container konnte nur einer von 10 Gefangenen lebend entkommen. Einige der Eingeschlossenen waren dort seit dem 20. Mai gefangen gewesen.
Am späten Nachmittag des 6. Juni öffneten die Bewacher schliesslich die Türen und die 11 Überlebenden wurden in Haftzentren in Tripolis gebracht. Von den überlebenden Gefangenen, die am 21. August in Tripolis befreit wurden, starb einer später an Nierenversagen. Amnesty International ist nicht bekannt, was mit den Leichen der erstickten Gefangenen geschah.
Bericht eines Überlebenden
Einer der Überlebenden ist der Lehrer und Vater von acht Kindern, Mohamed Ahmed Ali. Er berichtete dem Amnesty-Ermittlungsteam, dass bewaffnete Männer ihn am 20. Mai in seinem Haus festgenommen hatten, nachdem er an regierungsfeindlichen Protesten in al-Khums teilgenommen hatte.
Er wurde von Gaddafi-Anhängern gezwungen niederzuknien, dann versetzen sie ihm elektrische Stromstösse und schlugen ihn mit Kabeln auf Rücken und Kopf. Anschliessend brachte man ihn in den grösseren Container.
Den Angaben von Mohamed Ahmed Ali zufolge hatten einige Gefangenen am 6. Juni grosse Schwierigkeiten zu atmen. Sie schlugen gegen die Türen und schrien nach Luft und Wasser. «Die Leute sanken erschöpft zu Boden, die Kleider waren von Schweiss getränkt, und viele begannen, das islamische Glaubensbekenntnis herzusagen. (...) In völliger Entkräftung wurde ich bewusstlos.»
Gefangene schrien stundenlang um Hilfe
Ein weiterer Überlebender, der 27-jährige Faraj Omar Al-Ganin, berichtete, dass die Gefangenen in beiden Containern stundenlang um Hilfe geschrieen hatten, bis schliesslich eine gespenstische Stille eintrat. «Sie sind alle tot», rief al-Ganin, woraufhin die Wächter endlich die Türen öffneten und ihn zwangen, die Leichen an den Füssen herauszuziehen.
Abdel Rahman Moftah Ali, 24, war der einzige Überlebende aus dem kleineren Container; er sah seine Mitgefangenen um ihn herum sterben. «Keiner von uns konnte noch aufrecht stehen, manche hatten Schaum vor dem Mund. (…) Ich stiess mich beim Fallen am Kopf. Als ich wieder zu Bewusstsein kam, war ich voller Blut. (...) Es war ein Tag in der Hölle.»